Blick auf Langensteinbacher Situation
Am 10. November fand die zweite Bürgerinformationsveranstaltung zum Hochwasser- und Starkregenschutz für den Ortsteil Langensteinbach in der Schelmenbuschhalle statt. Rund 60 Zuhörerinnen und Zuhörer folgten den Ausführungen von Bürgermeister Jens Timm und dem Fachvortrag des Ingenieurbüros WALD + CORBE. Jörg Koch und Anne Jakobs stellten darin den aktuellen Stand der Untersuchungen mit dem Entwurf des Handlungskonzepts und den weiter geplanten Schritten vor. Die Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich an der rund zweistündigen Informationsveranstaltung mit zahlreichen Nachfragen und Ideen. Sie ließen sich darüber hinaus im Detail über die im Saal ausgehängten Starkregengefahrenkarten informieren. Das Publikum zeigte sich überrascht darüber, wie weitläufig sich die betroffenen Gebiete in Langensteinbach verteilen. An dem Abend wurde Verständnis für die notwendigen Abläufe und den Zeitbedarf für die großen Maßnahmen geweckt.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Infoveranstaltung in Langensteinbach. Foto: Gemeinde Karlsbad
Grundsätzliches Konzept
Zu Beginn seines Vortrags erinnerte Jörg Koch an die drei grundsätzlichen Arbeitsstränge für Verbesserungen im Starkregen- und Hochwasserschutz für Langensteinbach:
Starkniederschläge sind gekennzeichnet durch große Niederschlagsmengen, die in kurzer Dauer und räumlich begrenzter Ausdehnung auftreten. Sie führen in der Folge zu oberflächigem Abfluss (Sturzfluten). In Siedlungsflächen bewirken diese Abflüsse immer häufiger schadhafte Überflutungen abseits der eigentlichen Fließgewässer. Die Untersuchungen zum Starkregenrisikomanagement betrachten die Ortslage als Ganzes. Sie untersuchen die infolge Starkregen auftretenden Fließwege und Gefährdungen an den Siedlungsgrenzen und die Oberflächenabflüsse im Ort.
Bei der Flussgebietsuntersuchung werden die vorhandenen Gewässer innerhalb und außerhalb der Ortslage unter Beachtung der Einleitungen aus den Außengebieten und den Anlagen der Ortsentwässerung betrachtet.
Die Eigenvorsorge ergänzt die aus den Untersuchungen abgeleiteten Schutzmaßnahmen im privaten Raum.
Anne Jakobs stellte die abgelaufenen Untersuchungen und Ergebnisse zum Starkregenrisikomanagement vor. In der nun abgeschlossenen Phase 1 wurden nach der Analyse der Überflutungsgefährdungen die Starkregengefahren für die sogenannten Abflussszenarien „selten“, „außergewöhnlich“ und „extrem“ erstellt. Diese Karten zeigen für unterschiedliche Niederschlagsintensitäten die akkumulierten Abflüsse und die daraus resultierenden bevorzugten Fließwege auf. Aktuell leitet sich daraus die Phase 2 mit der Risikoanalyse der kommunalen Einrichtungen und die Phase 3 mit dem ausarbeiten eines Handlungskonzepts ab.
In der Risikoanalyse für kommunale Einrichtungen wurden in Workshops die kritischen Objekte und Bereiche der Gemeinde besprochen. Hier sollen nun kommunale Risikosteckbriefen erstellt werden. Dadurch sollen bei Starkregen konkrete Gefährdungen erkannt und daraus resultierende Schutz- oder Vorsorgemaßnahmen ergriffen werden.
Im sogenannten Handlungskonzept wurde an die Möglichkeiten zur Eigenvorsorge erinnert. Basis für die weiteren Planungen ist ein kommunales Maßnahmenkonzept. Dieses noch im Vorabzug vorliegende Konzept wurde im Rahmen der Veranstaltung ausführlich vorgestellt und betrifft Maßnahmen unterschiedlicher Größenordnung. Diese ergaben sich aus den Berechnungen aber auch aus den Beobachtungen der Gemeinde und der Bürgerinnen und Bürger bei den abgelaufenen Starkregenereignissen.
Zielsetzungen für das kommunale Handlungskonzept sind Wasser aus den Außengebieten zurückzuhalten und zeitversetzt abzugeben, Wasser schadenfrei abzuleiten oder um gefährdete Objekte herumzuleiten.
Innerhalb der Siedlungsgebiete sind ungewollte Fließhindernisse zu erkennen und zu beseitigen. Das Wasser soll in unsensible Bereiche gebracht, dort auch zwischengespeichert und Notwasserwege freigehalten werden. Bei allen Maßnahmen soll eine Verschlechterung der Situation für Dritte vorgebeugt werden.
Das kommunale Maßnahmenkonzept sieht eine Reihe kurz-, mittel- und langfristiger umsetzbarer Maßnahmen innerhalb der gesamten Ortslage vor.
In den Schneidergärten sind die Rückhaltemaßnahmen an der Fliederstraße und an der Schubertstraße sowie entsprechende Zuleitungen die zentralen Maßnahmen. Am Rande bzw. innerhalb des Siedlungsgebiets sind Einläufe zu vergrößern und vorhandene Freiflächen in Retentionsflächen umzuwandeln. Entwässerungsgräben sind zu ertüchtigen und die Einlaufsituationen an den Regenwasserleitungen zum Bocksbach sind zu verbessern.
Im Bereich Rohrheckweg / Pforzheimer Straße sind ebenfalls die Einläufe und Zuleitungen zu verbessern. Hier, sowie auch in den Bereichen Heldrunger Straße, Ettlinger Straße, St.-Barbara-Haltestelle ist im Rahmen der anstehenden Flussgebietsuntersuchungen zu untersuchen, welche Möglichkeiten durch Rückhaltemaßnahmen bestehen, eine Verbesserung für die Abflusssituation am Bocksbach zu erwirken und wie diese sich dann auf die Überflutungsgefahr an der Hauptstraße auswirken. Hierzu kann das Starkregenhandlungskonzept keine Aussage treffen.
Neben den potentiellen Rückhaltemaßnahmen an den zuvor beschriebenen Stellen sieht das kommunale Handlungskonzept zahlreiche weitere Verbesserungen an Einlaufbauwerken und Zuleitungen, an Gräben und Zuläufen sowie Vergrößerungen und Ergänzungen von Querrinnen vor.
Flussgebietsuntersuchung Bocksbach / Klettenbach
Die Flussgebietsuntersuchung (FGU) Bocksbach / Klettenbach wurde im Oktober 2022 nach Freigabe durch das Regierungspräsidium Karlsruhe begonnen. Für diese Untersuchung haben sich die Gemeinden Pfinztal und Karlsbad als Anrainer des Bocksbach zusammengeschlossen. Auslöser dafür war, dass nicht nur Langensteinbach und Mutschelbach, sondern auch Kleinsteinbach 2021 und schon mehrfach davor, von Hochwasser im Bocksbach betroffen war.
Die FGU betrachtet über Niederschlag-Abfluss-Modellierungen das Flusseinzugsgebiet und das Zusammenspiel von Außengebieten und dem Bocksbach. Dabei werden Einleitungen aus der Ortskanalisation berücksichtigt. Es werden Leistungsfähigkeiten und Wasserstände im Bocksbach berechnet und Überlastungen des Systems sichtbar gemacht. Auf der Basis der Ergebnisse des Ist-Zustands wird eine Hochwasserschutzkonzeption erstellt, die die Starkregenmaßnahmen beinhalten und dimensionieren.
Die Untersuchung steckt noch in den Anfängen und wird noch rund 15 Monate dauern. Insgesamt wird ein Flusseinzugsgebiet von 31 km² untersucht.
Vorgezogene Untersuchung „Schneidergärten“
Innerhalb der Flussgebietsuntersuchung Bocksbach / Klettenbach werden auch die Einzugsgebiete rund um die Schneidergärten betrachtet. Aufgrund der Dringlichkeit und der hydrologisch eher gering einzuschätzenden Wirkung von dortigen Rückhaltemaßnahmen auf das System des Bocksbachs empfiehlt das Fachbüro eine vorgezogene FGU-Betrachtung für die Schneidergärten parallel zur eigentlichen Untersuchung für das Gesamteinzugsgebiet.
Üblich sind lange Planungs- und Abstimmungszeiträume für Rückhaltemaßnahmen. Besonders zu Buche schlagen dabei Grunderwerb und naturschutzfachliche Untersuchungen. Mit vorgezogenen Untersuchungen für die Schneidergärten können derartige Vorgänge parallel zur eigentlichen FGU durchgeführt werden. Im Idealfall gibt es dann bei Abschluss der FGU bereits weitgehend abgestimmte Genehmigungsanträge. Ansonsten müssten diese Anträge erst danach erarbeitet werden.
Für die anderen Ortsrandlagen in Langensteinbach sind vorgezogene Untersuchungen leider nicht zielführend.
Alle Maßnahmen entlang der Hauptstraße können erst im Rahmen der FGU erarbeitet werden.
Fragen
Fragen der Bürgerinnen und Bürger bezogen sich auf die Zeitplanungen der einzelnen Untersuchungen, auf die Unterhaltungszyklen von Gräben, Schächten, Einläufen und Verdolungen, auf die Asphaltierung von Wirtschaftswegen zur Vermeidung von Schottereintrag in die Entwässerungseinrichtungen und auf ein potentielles Rückhaltebecken am Bocksbach oberhalb der Ortslage Langensteinbach. Von der Bürgerschaft kamen auch Anregungen zu weiteren Veranstaltungen in Bezug auf den Objektschutz und Rückhalt auf Privatflächen sowie Aufrufe an die Bürgerinnen und Bürger mitzuhelfen, Gräben und Einläufe freizuhalten. Text: Wald+Corbe / Redaktion Mitteilungsblatt
Klären offener Fragen in lockerer Runde und an den Starkregenkarten. Foto: Gemeinde Karlsbad