Karlsbader Mitteilungsblatt

ARCHIV: Moment mal

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Grashalm-Existenz

05.03.2024 – 12.03.2024

Im März beginnt die Zeit der Frühblüher. Krokusse, Tulpen und Narzissen schießen aus dem Boden. Da die Tage nun langsam wieder länger werden, lockt die Sonne die Frühblüher mit zunehmender Kraft aus der Erde. Wenn etwas blüht, denken die einen an den Garten, andere an Konjunktur und Handel. In beiden Fällen wächst und gedeiht und entwickelt sich etwas – so hoffen wir. Interessanterweise lassen sich die Worte „blühen“ und „Ball“ auf eine gemeinsame sprachliche Wurzel zurückführen. Kein Wunder: wenn ein Ball die falsche Richtung einschlägt, kann einem etwas blühen! Doch genug damit. Die Sache ist zu ernst. In Psalm 103 im Alten Testament können wir lesen: „Der Mensch: Wie Gras sind seine Tage, er blüht auf wie die Blume auf dem Feld. Doch wenn der Wind darüber weht, dann ist sie nicht mehr da und keiner weiß mehr, wo sie gestanden hat.“ (Verse 15-16). Eine schonungslose, aber ehrliche Analyse. Der Planet, auf dem der genannte Wind weht, ist rund 4,5 Milliarden Jahre alt. Wie alt Menschen in unserem Land durchschnittlich werden, ist bekannt. Verglichen mit der Erde: wahrlich nicht mehr wie ein Grashalm im Wind. Und doch legen wir so unglaublich viele Hoffnungen und Erwartungen in diesen Grashalm! Wenn Sie Vater oder Mutter sind: erinnern Sie sich noch an den Augenblick, in dem Sie Ihr Kind zum ersten Mal in den Armen hielten? Neben der Dankbarkeit gingen Ihre Gedanken vermutlich schon in Richtung Zukunft des kleinen „Menschenbündels“, hoffnungsvoll oder besorgt oder beides. „Wo Gott dich hingesät hat, da sollst du blühen“, sagt ein afrikanisches Sprichwort. Blühen – eine wunderschöne Formulierung für unser Leben! Diese Einsicht können wir nicht für andere Menschen behaupten, wir können sie jedoch für uns selbst entdecken. Der morgige Tag bietet wieder eine Gelegenheit dafür!

 

Herzliche Grüße

Holger Jeske-Heß, Pfarrer der Evang. Kirchengemeinde Spielberg