Karlsbader Mitteilungsblatt

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Armut historisch betrachtet

19.01.2010 – 20.02.2010

Sozialaktenfund auf Dachboden vervollständigt Spielberger Archivbestände

Kollege Zufall hat kräftig geholfen - im Zuge der Pfarrhausrenovierung in Karlsbad-Spielberg tauchte vor einigen Monaten auf dem Speicher des Pfarrhauses eine längst vergessene, hölzerne Archivtruhe auf, die altes Schriftgut enthielt. Kirchengemeinderätin Claudia Braun nahm Kontakt zu Gemeindearchivar Helmut Müller auf, der den Fund in Augenschein nahm. Er staunte nicht schlecht, welche Schätze dort zu finden waren. Beim Inhalt der Truhe handelt es sich vor allem um die Sozialakten der Gemeinde Spielberg. Die Datierung der Akten reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück und dokumentiert den Zeitraum bis zu den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Das Alter der Schriftstücke stellt gleich ihre erste Besonderheit dar. Dass Sozialakten bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen ist sehr ungewöhnlich für ein Gemeindearchiv, in den meisten Fällen stammen die ältesten Sozialakten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die nun wieder gefundenen Almosen- und Heiligenrechnungen komplettieren das Spielberger Gemeindearchiv im Bereich der Gemeinderechnungen. Das Besondere an diesem Aktenfund ist der dadurch mögliche Einblick in die soziale Struktur des Dorfes, sowie den Umgang der Gemeinde mit ihren hilfsbedürftigen Bürgern und Einwohnern. Durch die überlieferten Details individueller Schicksale wird Geschichte hier lebendig und rückt so auch der Gegenwart näher. Archivar Helmut Müller verspricht sich von diesem Fund aufschlussreiche Erkenntnisse über den Aufbau der gemeindlichen Fürsorge unserer Ahnen: Wie viele Arme gab es? Wodurch wurde Armut definiert? Wer bekam Hilfeleistungen? Welche Art von Hilfeleistungen erhielten Bedürftige? Die Antworten auf diese und ähnliche Fragen, sind in den alten Schriftstücken verborgen und werden sich als ein weiteres Puzzleteil in die Ortsgeschichte Spielbergs einfügen. Nach Rücksprache mit der Kirchengemeinde wurde das historische Material ins Spielberger Ortsarchiv gebracht. Wenn die Akten erst einmal aufgestellt und bearbeitet sind, schließt sich nicht nur eine Lücke in den Regalen des Spielberger Gemeindearchives, sondern auch im Wissen des Ortes um seine Vergangenheit. Kirchengemeinderätin Claudia Braun sorgte auch dafür, dass die ebenfalls geschichtlich interessante Archivtruhe - zeugt sie doch von den Archivvorstellungen und Archivvorschriften des ausgehenden 19. Jahrhunderts - von Fritz Kies restauriert wurde. Seit 2001 bearbeitet Archivar Helmut Müller die Archivbestände der Karlsbader Ortsteile. Sein Aufgabengebiet umfasst die Auswertung, Erhaltung, Registratur sowie die Suche nach verschollenen Teilen des Aktenbestandes.

Aktenfund 

Kirchengemeinderätin Claudia Braun und Gemeindearchivar Helmut Müller präsentieren die renovierte Archivkiste und weitere Fundstücke die neben den Sozialakten entdeckt worden sind. Foto: privat