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Als Brandweiher geplant - als Schwimmbad gebaut

30.05.2011 – 30.07.2011

Aus der Reihe Ortsgeschichte Langensteinbach

Mit Datum vom 9. Oktober 1935 schrieb Bürgermeister Ried an das Kulturamt in Karlsruhe: "Nachdem nun die Regulierung des Boxbaches mit Bauabschnitt 2 bald zu Ende geht, beabsichtige ich die Errichtung eines Brandweihers als Notstandsarbeit. Im Einflussgebiet des oberen Ortsendes besteht die Möglichkeit, das dazu geeignete Gelände zu erstehen. Die Wasserversorgung bzw. der Wasserzufluss soll aus der alten Wasserleitung erfolgen. Ich ersuche das Kulturamt die Pläne und Kostenvoranschläge auszuarbeiten damit die Vorlage an das Arbeitsamt erfolgen kann. Da nun die Arbeit bis spätestens Anfang kommenden Jahres beginnen soll, damit die Arbeiter nach der Fertigstellung des Boxbaches in Arbeit und Brot bleiben, bitte ich das Kulturamt um beschleunigte Behandlung. Herr Oberregierungsrat Denninger vom Arbeitsamt Karlsruhe ist bereits verständigt." Mit der alten Wasserleitung war offenbar die Versorgung der Brunnen im Dorf aus den Brunnenstuben entlang des Boxbaches oberhalb des Dorfes gemeint. Das Kulturamt begrüßte das Vorhaben und erläuterte, dass durch die Kanalisierung des unteren Teiles des Boxbaches im Ort bei starken Niederschlägen Geröll angeschwemmt werden könne, das sich dann im Kanal des unteren Ortsteiles ablagern würde, solle der obere Teil des Baches ebenfalls kanalisiert werden. Gleichzeitig solle dann am oberen Ende des Dorfes ein in Sandsteinmauerwerk ausgeführter Brandweiher mit rund 1450 cbm Inhalt bei 50 Meter Länge, 15 Meter Breite und einer durchschnittlichen Tiefe von etwa 2 Meter erstellt werden, um im Brandfalle reichlich Wasser zu Löschzwecken zur Verfügung zu haben. Ein Erlass irgendeiner Regierungsstelle vom 5. Juni 1936, der vom Badischen Bezirksamt in Ettlingen am 19. Juni weitergeleitet wurde, änderte offenbar die Planung des Brandweihers in Richtung eines Schwimmbades. "Die Bedeutung des Schwimmsportes für die Pflege der Gesundheit und die körperliche Ertüchtigung der Jugend ist offenbar an vielen Orten auf dem Lande noch nicht genügend erkannt worden. Obwohl die Schaffung geeigneter Schwimm- und Badegelegenheiten gerade auf dem Lande mit geringen Aufwendungen möglich ist, fehlt es daran noch in zahlreichen Gemeinden. Zur Förderung der Wehrhaftigkeit und der allgemeinen Volkgesundheit, ist eine Abstellung dieses Mangels dringend erwünscht. Ich ersuche daher die Bürgermeister der ländlichen Gemeinden, zu prüfen, ob in ihrer Gemeinde auf dem Gebiet schon das geleistet worden ist, was nach der finanziellen Lage der Gemeinde geschehen kann. Es ist jedoch nicht in jedem Fall notwendig, dass die Gemeinde selbst Trägerin einer solchen Einrichtung wird. Häufig führt vielmehr schon eine Anregung an örtliche Organisationen (Turn- und Sportvereine) bzw. finanzielle Unterstützung zu dem gewünschten Erfolg." Dass die "Wehrhaftigkeit" vor die Volksgesundheit gestellt wurde, gibt der Sache ein Geschmäckchen. Schließlich wurde die Jugend, die hier ertüchtigt werden sollte, kurz danach im Kriegsdienst regelrecht verheizt. Am 19. Oktober 1936 übersandte das Kulturamt Karlsruhe einen "abgeänderten Entwurf zur Regulierung des Bocksbaches und Erstellung eines Brandweihers, der zugleich als Schwimmbad Verwendung findet, auf Gemarkung Langensteinbach". Darin wird verlangt, dass der Behälter in Eisenbeton auszuführen ist, um ein wasserdichtes Becken zu erlangen. Auch solle die Lage des Behälters soweit als möglich weiter nach Osten gerückt werden. Durch die Verschiebung des Behälters nach Osten, würden sich die Kosten jedoch auf 26.000,- RM erhöhen. Aus anderorts gemachten Erfahrungen würde der Ausbau als geordnetes Bad mit Reinigungsanlage, Planschbecken, Kabinen und dergleichen ca. 30.000,- RM verursachen. Es folgt zum Schluss noch die Bitte um Mitteilung, ob die Gemeinde in der Lage ist, den Entwurf zu finanzieren. Ein Schreiben vom 8. Februar 1937 an die Fabrik Petunia bezieht sich Bürgermeister Ried auf den Besuch von Herrn Prof Dr. Schmitt am 23.1. 1937.: "dass das Kulturbauamt Karlsruhe mit der Entwurfsfertigung für den Bau eines Brandweihers bezgl. Schwimmbades begonnen hat. Ursprünglich sollte dies im Rahmen einer Notstandsmaßnahme durchgeführt werden. Durch die günstige Entwicklung des Arbeitsmarktes ist dies heute hinfällig. Im freien Arbeitsverhältnis würde es für die Gemeinde zu teuer kommen. Nunmehr sollen die Erdarbeiten durch die hiesige Arbeitsdienstabteilung durchgeführt werden. Dazu gehört die Regulierung des Boxbaches im Gewann Mühlwiesen, woselbst der Brandweiher erstellt werden soll. Da nun auch das Kulturbauamt auch für die zweite Lösung des Vorhabens die Pläne und Unterlagen gefertigt hat, überlasse ich demselben die Bauleitung. Ich stelle mir vor, dass Sie mehr mit Plänen für den Einbau der Petunia-Reinigungsanlage sowie der Kabinen entgegenkommen wollen, obschon die ursprünglich für später vorgesehen war. - Fortsetzung folgt -

Hildegard Ried

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