Karlsbader Mitteilungsblatt

ARCHIV: Redaktionelle Berichte

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Wie alles begann

25.09.2012 – 18.10.2012

50 Jahre Pestalozzi-Kindergarten – Aus der Ortsgeschichte

Der Bau des Pestalozzi-Kindergartens dessen 50-jähriges Bestehen am 30. September gefeiert wird, bedeutete für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Dies wird aus der Schilderung von Hildegard Ried deutlich.

Zuwachs bei der Bevölkerung und  steigende Kinderzahlen

„In den Nachkriegsjahren wuchs die Bevölkerung der Gemeinde Langensteinbach stetig an. Die Männer waren aus dem Krieg zurückgekehrt, die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge hatten in Langensteinbach eine neue Heimat gefunden und die Wirtschaft wurde wieder aufgebaut. Bis zum Ende der 50er Jahre war die Zahl der Kinder in der Kinderschule im Kinderschulweg auf zwei Gruppen zwischen je 80 und 120 Kinder angewachsen, obwohl nur noch Kinder über fünf Jahren aufgenommen wurden”. Diese informativen Sätze fanden sich am Anfang eines Artikels in der Festschrift zum 40-jährigen Jubiläum des Pestalozzi-Kindergartens. Weiteres konnte einem Brief des evangelischen  Kirchengemeinderates (K.G.R.) an den Oberkirchenrat in Karlsruhe entnommen werden. Dieser Brief ist datiert vom  23. Februar 1959 und gibt einen deutlichen Einblick in die Geschichte des Kindergartens und auch des Ortes: “Der über 3.600 Einwohner zählende Ort Langensteinbach – 2.840 sind evangelisch - verfügte bisher über einen Kindergarten mit zwei Gruppenräumen mit einen Fassungsvermögen von rund 80 Kindern. Dieser Kindergarten, der sich im Eigentum des “Evangelischen Kinderschulvereins Langensteinbach e.V.” befindet, wurde bei mehreren Begehungen als in keiner Weise den Bedürfnissen der insgesamt 180 bis 200 Kindern entsprechend beanstandet. Nach langen Verhandlungen mit der politischen Gemeinde Langensteinbach hat sich der evangelische Kirchengemeinderat in seiner Sitzung vom 17.2.1959 wie beiliegend ersichtlich entschlossen, selbst einen Kindergartenneubau zu erstellen. Architekt Dipl. Ing. Gradinger aus Ettlingen, dem ein entsprechender Planungsauftrag erteilt wurde, hat anliegenden Plan samt Erläuterung und Kostenvoranschlag ausgearbeitet. Der Kindergarten soll auf einem im Erbaurecht der evangelischen Kirchengemeinde Langensteinbach überlassenen Grundstück Lagebuch Nr. 8130 errichtet werden, das bereits auf diesem Weg ohne Erbbauzins auf 99 Jahre der evangelischen Kirchengemeinde Langensteinbach zur Verfügung gestellt wurde. Die Finanzierung des mit 232.500 DM veranschlagten  Bauvorhabens ist in der beiliegenden Abschrift des Protokolles zur K.G.R. - Sitzung vom 17.2.1959 - dargelegt. Wir wären dem evangelischen Oberkirchenrat dankbar, wenn das unter Ziffer 2) des Finanzierungsplans genannte Darlehen in Höhe von 20.000 DM uns zinsgünstig vom evangelischen Oberkirchenrat gegeben werden könnte. Unterzeichnet hat dieses Schreiben Th. Endress, Pfarrer als Vorsitzender und J. Schaudel für den Kirchengemeinderat.  Besonders zu erwähnen ist hier, dass Pfarrer Endres als die Triebfeder des Vorhabens Kindergartenneubau bezeichnet werden darf. Er war auch der Motor während der gesamten Bauzeit und ihm ist es in der Hauptsache zu verdanken, dass der Kindergarten errichtet wurde und schon 1962 eingeweiht werden konnte. Am 13. Mai 1959 schreibt Bürgermeister Ried an das Landratsamt Karlsruhe, dass die in unter Punkt 8 aufgeführten Barmittel einen Betrag von 50.000,- DM einschließen, den die Gemeinde als Beihilfe der evangelischen Kirchengemeinde gewährt. Des Weiteren überlässt die Gemeinde das Baugrundstück der Kirchengemeinde in Erbpacht, wobei auf die Bezahlung eines Erbpachtzinses verzichtet wird. Weiter heißt es in dem Schreiben: “Eine Schenkung des Baugeländes konnte ich nicht vertreten, zumal bei einer gesetzlichen Regelung, dass die politischen Gemeinden Schullastenträger auch für Kindergärten werden, das Gelände zurückerworben werden müsste”. Bürgermeister Ried bat um die Gewährung eines angemessenen Bauzuschusses. Die politische Gemeinde stellte also das Grundstück zur Verfügung, musste jedoch noch kleinere Grundstücke dazu kaufen. Die Besitzerin eines solchen Grundstückes verlangte 2 DM für den Quadratmeter. Die Gemeinde lehnte diesen Preis als überzogen ab und bezahlte nur 1 DM pro Quadratmeter. Die Kirchengemeinde zeigte sich danach jedoch entgegenkommend und vergütete der Grundstückbesitzerin noch die restlichen 1 DM für den Quadratmeter Bauland. “Der Erwerb von Grund und Boden lag in den Händen der politischen Gemeinde, die die gesamten Kosten einschließlich der Erschließungskosten übernahm. Eine Spende von 100.000 DM war ein guter Grundstock, auf dem die Kirchengemeinde aufbauen konnte”, heißt es weiter in der oben erwähnten Festschrift und weiter: “In Haussammlungen hatten freiwillige Helfer schon zwei Jahre lang monatlich fleißig die Spendentöpfe gefüllt, aber es reichte bei weitem noch nicht für die Finanzierung.

Außerordentliche Gemeinschaftsleistung bei der Finanzierung und dem Bau

Am 09.01.1961 wurde in der Sitzung konkret das Thema Geldquellen angesprochen. Es war allen klar, dass der Kindergarten nur gebaut werden kann, wenn alle zusammenhelfen. Postkarten wurden als “Bausteine” verkauft, das Stück für 1 DM.

 

50 Jahre Kito Pestalozzi

Sammelpostkarte

Erfahrene Kräfte unterstützten bei der Planung des Basars und das ganze Dorf spendete, bastelte, strickte, stickte und nähte. Die Männer aus dem Oberdorf fertigten Reisigbesen und auch drei Schweine wurden für das Fest gemästet, für die die Landwirte das Futter spendeten. Beim großen Dorffest zugunsten des Kindergartens vom 1. bis 2. Juli 1961 wurden 496 Gegenstände verkauft und es gab 1.000 Gewinne bei der Verlosung.  Alle Vereine trugen zum Erfolg des Festes bei und zeigten damit ein außergewöhnliches Zusammengehörigkeitsgefühl, eine Gemeinschaft im wahrsten Sinne des Wortes.

50 Jahre Kito Pestalozzi 

Helfer beim Ausheben der Baugrube

Die Gemeinschaft zeigte sich auch beim Bau des Gebäudes. Unglaublich viele Helfer stellten sich ein, die beim Bau zupackten. Frauen brachten Essen und Getränke, reinigten die Innenräume und brachten dazu auch noch ihre eigenen Utensilien mit. Alles in allem gesehen, kamen 250.000 DM zusammen, was zu dieser Zeit eine unglaubliche Summe war, bedenkt man den damaligen Wert der Deutschen Mark. Zum Richtfest brachte Landrat Groß als Überraschung ein besonderes Geschenk mit: den ‘Roten Punkt’. Nach den Osterferien im April 1962 wurde der Kindergarten von Dekan Schüle und Bürgermeister Ried unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und Ehrengästen wie Landrat Groß und anderen eingeweiht.

50 Jahre Kito Pestalozzi                     

Foto mit Schwester Ursula, der ersten Leiterin des Pestalozzi-Kindergartens mit  ihrer Gruppe

Schwester Ursula hatte als erste Leiterin noch zwei Kindergärtnerinnen für die beiden anderen Gruppen zur Seite, die jeweils 40 oder 60 Kinder aufnehmen konnten. Streng nach dem Straßenprinzip wurden die Kinder den beiden Kindergärten im Ort zugeordnet, und so hatten manche Kinder in der Hauptstraße die alte Kinderschule vor Augen, dann einen sehr weiten Weg in ihren neuen Kindergarten. Nun hatten aber alle Langensteinbacher Kinder einen Kindergartenplatz.”  Soweit aus der Festschrift. Angebaut an das Kindergartengebäude ist auch das Haus für die Sozialstation. Anfangs war die Gemeindeschwester dort untergebracht. Im Gemeinderaum wurden Kirchengemeinderatssitzungen abgehalten und auch Konfirmandenunterricht sowie Bibelstunde, Frauenkreis und Altenturnen. Im Haus der Sozialstation sind auch die Schwesternwohnungen und die Wohnung für den Zweitpfarrer der Gemeinde untergebracht. Früher befand sich dort auch die Gemeindebücherei.