Karlsbader Mitteilungsblatt

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Zur Geschichte eines Steinbruchs

27.05.2013 – 30.06.2013

Aus der Ortsgeschichte

Im Volksmund wird er der Auerbacher Steinbruch genannt. Auf dem Foto aus 1897 heißt es jedoch eindeutig Steinbruch Langensteinbach. Und das ist auch richtig so, denn er liegt auf Langensteinbacher Gemarkung. Der Weg zum Eingang östlich des Steinbruches war ursprünglich der Grenzweg zwischen Auerbach und Langensteinbach, oder er ist es noch. An diesem Weg siedelten vor dreihundert Jahren die französischen Glaubensflüchtlinge - die Hugenotten - und errichteten dort ein Behelfsdorf. Dieses Dorf wurde offenbar oberhalb des Weges gebaut, also auf Langensteinbacher Gemarkung und nannte sich deshalb Neu-Langensteinbach. Von diesen “Welschen” kommt auch der amtliche Flurname Welschenäcker. Der Volksmund sagt allerdings “im Welschdorf”.

Steinbruch Auerbach

Aus dem Bayerischen hat dieses Foto ein Nachkomme des Adolf Nagel geschickt, der auf der rechten Seite in der zweiten Reihe, zweiter von links zu sehen ist und zwar hinter dem Herrn mit Mütze und einer Papierrolle o.Ä. in der Hand. Vielleicht kann noch jemand einen Verwandten erkennen. Rätsel gibt nun der Name Konstantin auf, denn in den Grundbüchern erscheint dieser Name nicht als Besitzer des Areals. Im Grundbuch jedoch sind die Namen der jeweiligen Grundstücksbesitzer festgehalten. Es wurden einige Äcker aufgekauft, u.a. verkaufte Jakob Gebhard, Metzger, 1902 an Johann Herrmann, Steinhauer. Magdalene geborene Kirchenbauer, die Ehefrau des August Fießler, Kaufmann, verkaufte 1902 an den Fabrikaufseher Philipp Schneider. Philipp Nagel Sohn, Schmied, verkaufte 1910 sein Grundstück an den Steinhauer Friedrich Wendel. Ludwig Becker hatte gleich zwei Käufer für sein Grundstück, Christian Friedrich Walch, Taglöhner und Friedrich Wendel, Steinhauer. Die Lagebuchnummern 1067 bis 1073, also sieben Ackergrundstücke bilden das Steinbruchgelände. Diese Lagebuchnummern wurden 1951 zu einer Nummer, zu 1073 bei einem Kauf vereinigt. Wann mit dem Abbau von Steinen begonnen wurde, konnte noch nicht genau in Erfahrung gebracht werden. Doch 1897 war der Fels schon erheblich angebaggert, so dass angenommen werden kann, dass schon ab ungefähr 1890 dort Steine gebrochen wurden. Im hiesigen Archiv fanden sich keine Dokumente, die genauen Aufschluss darüber geben könnten. Im Generallandesarchiv trägt das älteste Dokument das Datum vom 30. Mai 1903. Karl Supor und Friedrich Fröhlich geben damals bekannt, dass sie einen Steinbruch neu angefangen haben. Bürgermeister Spiegel berichtet an das Gewerbeamt, dass in dem Steinbruch acht Arbeiter beschäftigt seien und dass keine Bedenken bestehen würden. Die Großherzogliche Wasser- und Straßenbauinspektion gibt die Zustimmung, unter der Bedingung, dass die Vorschriften vom 28. August 1900 eingehalten würden.  In einem Schreiben vom 2. Februar 1907 wird als Betreiber Ludwig Martin aus Stupferich angegeben. Mit Schreiben vom 19. Juni 1908 zeigt Bernhard Pfeiffer aus Mühlburg an, dass er den Steinbruch käuflich erworben habe und ihn auch betreibe. Ein Revisor stellt kurz danach fest, dass der Steinbruchbetrieb nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Diese Anforderungen waren der Zeit entsprechend doch recht bemerkenswert.

a.) Die Steinhauer und Steinrichter dürfen bei Strafandrohung nur neun Stunden am Tag beschäftigt werden.

b.) Der Abraum ist sofort entsprechend den Vorschriften zu entfernen.

c.) Bei Strafvermeidung darf nicht mehr unterhöhlt werden.

c.) Der vorgeschriebenen Abstand zwischen zwei Steinhauern ist einzuhalten.

e,) Das Verbundmaterial ist staubfrei aufzubewahren.

Am 25. August 19011 bemängelt die Gewerbeaufsicht, dass die Auflagen vom 25. August 1890 nicht eingehalten würden. Es darf angenommen werden, dass diese Auflagen zum Beginn der Steinbrucharbeiten erstellt wurden. Am 4. März 1916 wird Anzeige erstattet, dass die Umzäunung zu nahe an der Straße sei. Die Umzäunung würde im Straßengraben stehen, Maurermeister Pfeiffer sei jedoch seit Kriegsbeginn beim Militär. In einem Brief mit Datum vom  27. August 1916 an die Großherzogliche Wasser- und Straßenbauinspektion teilt Maurermeister Pfeiffer mit, dass er während seines Urlaubes die böswillig versetzte Umzäunung wieder angebracht habe und dass er nicht verstehen könne, dass ausgerechnet jetzt die Auflagen erfolgten, obwohl er als 45-Jähriger gleich am ersten Tag das Krieges eingezogen wurde.1934 wird der Steinbruch an Peter Rech, Steinbruchbesitzer in Durlach verkauft. 1937 wird ein Kaufvertrag zwischen Heinrich Kies, Silberarbeiter in Auerbach und Louis Goldmann, Bauunternehmer in Pforzheim geschlossen, der jedoch nie vollzogen wurde. Heinrich Kies verkaufte das Gelände dann 1951 an Karl Scheuhing in Auerbach, Emil Wachter in Eutingen, Rudolf Goldmann, Eheleute in Pforzheim und Franz Huck in Auerbach. In einem 1960 geschlossenen Auseinandersetzungsvertrag wird Karl Scheuring aus Eutingen als Eigentümer vereinbart. Danach begann der Steinbruch seinen Dornröschenschlaf. Nur selten noch war eine Detonation aus dieser Richtung zu hören. Heute ist der einstige Steinbruch mit “Oberen Buntsandstein” ein geschütztes Biotop von lokaler Bedeutung, in dem 1997 schon 57  Arten von dichtem Gehölz- und Baumbestand gezählt wurde und das auch für viele Tierarten Lebensraum bietet.

Hildegard Ried