Karlsbader Mitteilungsblatt

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Ein erfolgreicher Kriegsinvalide aus dem Ersten Weltkrieg

25.11.2014 – 14.12.2014

Aus der Ortsgeschichte

Es gab wohl kaum einen Baum auf Langensteinbacher Gemarkung, der nicht schon von Reinhard Bauchert zurechtgestutzt wurde. Es könnte 1976 gewesen sein, als er wieder einmal einem Apfelbaum ein ordentliches und dadurch ertragreicheres Aussehen zurechtschnitt. Als er über die Leiter herabkam, sagte er: „Das ist der letzte Baum, den ich geschnitten habe!“ Er meinte dann nicht, dass er das Alter zum Ruhestand hätte, sondern erklärte, dass er aus dem Ersten Weltkrieg einen Granatsplitter im Knie hatte, der ihm elend zu schaffen macht. Diese Aussage löste doch eine große Verwunderung aus, wie jemand so viele Jahre all diese Aufgaben, die ihm seine Landwirtschaft, sein Nebenberuf als  Baumwart auftrugen, immer ausführen konnte und nie dabei klagte. Reinhard Bauchert war ein äußerst erfolgreicher Landwirt. Seine Stalltür war mit vielen Auszeichnungen bestückt, die ihm seine Viehzucht einbrachte. Der größte Erfolg war die Aufzucht eines Bullen, für den er bei der Körung auf dem Augustenberg die höchste Auszeichnung erhielt, und die ihm dazu bei der anschließenden Versteigerung zu dem hohen Preis von 3000 DM verhalf.  Für jene Zeit um 1948/49 war das ein sehr hoher Gewinn. Damit konnte er seine Scheune erweitern und herrichten. Bei einer Tierschau – ebenfalls auf dem Augustenberg - wurde ihm der hochgeschätzte Adolf Münzinger-Preis verliehen für die beste Kuhfamilie.  Diese Kuhfamilie bestand aus Großmutter, Mutter und Kind. Für die Landwirtschaftsschule Augustenberg war der Betrieb Reinhard Bauchert auch Lehrbetrieb. Das hieß, dass immer wieder Schülergruppen zu ihm in den Stall kamen zur Besichtigung und praktischen Ausbildung. Wie jemand mit einem Splitter im Knie die mühselige Landwirtschaft ausüben konnte, ist heute nicht mehr zu verstehen. Es gab keine Maschinen, die diese Arbeit erleichterten und es waren immer weite Wege, die ohne Auto bewältigt werden mussten. Als Mitglied der Vorstandschaft der Landwirtschaftlichen Genossenschaft und auch des Obst- und Gartenbauvereines im Ort, fielen Reinhard Bauchert dazu Verwaltungsarbeiten und auch Unterricht im Baumschneiden zu. Er selbst hatte seine Ausbildung zum Baumwart auf dem Augustenberg absolviert, damals schon mit dem Granatsplitter im Knie. Reinhard Bauchert war am 24. Dezember 1897 geboren. Seine Eltern waren der Zimmermann Karl Bauchert und Christine geborene Bach. Mit Luise geborene Höger schloss er nach dem Krieg die Ehe. Das Ehepaar hatte zwei Töchter.

Hildegard Ried

Irma,   die jüngste Tochter von Reinhard Bauchert, mit dem preisgekrönten Bullen in den Endwiesen.

Reinhard Bauchert mit seinem Kuhgespann bei einem Erntedankumzug in den 30er Jahren.