Karlsbader Mitteilungsblatt

ARCHIV: Redaktionelle Berichte

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Vor 70 Jahren

17.03.2015 – 24.03.2015

Aus der Ortsgeschichte

Es wäre ein wunderschöner Frühlingsmonat gewesen, wenn, ja wenn unsere edle Staatsführung endlich eingesehen hätte, dass der unsinnige Krieg schon längst verloren war. Stattdessen war aus dem Radio zu hören, dass immer wieder V2-Raketen nach England und an andere für Zerstörung wichtige Plätze

gefeuert wurden. Sie und die vollkommen heruntergekommene Wehrmacht sollten den Vormarsch der gut ausgerüsteten Alliierten stoppen.  Doch die setzten jetzt ihre schnellen Jagdbomber vermehrt ein. Die schweren Bombardements der englischen Bomberschwärme wie z.B. bei der Zerstörung von Pforzheim  im Februar waren in unserem Gebiet zu Ende.  Die propellergetriebenen flinken amerikanischen JaBo  waren aus damaliger Sicht gesehen, sehr schnell. Sie kamen nur bei Tag. Plötzlich waren sie da. Wie ein damaliger Pilot der US-Airforce erzählte, hatten sie den Befehl, Bahnen und Wehrmachtsfahrzeuge sowie Werkanlagen anzugreifen. Und das taten sie dann auch. Am 16. März griffen sie bei der Haltestelle Spielberg die Albtalbahn an. Dieser Angriff konnte vom Durlacher Berg beobachtet werden. Es war schon grausig zu sehen, wie diese Flugzeuge beim Abwärtsfliegen schossen und Feuer nach unten spukten. Sie stiegen einige Male wieder hoch, drehten und kamen wieder zurück und jagten wieder  Feuer nach unten. Dieter  Kappler aus Ittersbach - er war Schüler – saß in diesem Zug und wurde erheblich verwundet. Neben ihm saß Karl Gegenheimer, aus Ittersbach; er wurde tödlich getroffen. Die wegen ihres humorvollen, heiteren Wesens sehr beliebte Schaffnerin, Gertrud Karcher aus Auerbach, war gerade ausgestiegen und starb gleich im Feuer der Bordwaffen.    Auch ein Fahrgast aus Karlsruhe wurde getötet.

Am 31. März gingen am Ortsausgang Weinbrennerstraße vier Bomben nieder

und beschädigten das aus DenningerHa Haus Denninger stark. Zur gleichen Zeit setzte ein „JaBo“

Bomben in der Ettlinger Straße ab, zerstörte damit das Haus Guthmann und beschädigte die Häuser Schmidt und das Haus des Arztes Dr. Reuß sehr stark.

An diesem schrecklichen Ostersamstag, dem 31. März,  setzte ein JaBo seine Bomben hinter dem Ochsen ab. Dort stand ein Militärfahrzeug, das wohl das Ziel dieses Bombenabwurfes war. Der Soldat, der in diesem Fahrzeug saß,  wurde dabei getötet. Noch am gleichen Tag griffen wiederum JaBo auch das Sägewerk an, warfen Bomben und gingen dann zum Angriff mit Bordwaffen über. Flieger, die Feuer nach  unten spukten, jagten über den Westausgang des Dorfes. Es war dasselbe schreckliche Bild wie beim Angriff auf die Bahn. Ein polnischer Fremdarbeiter wurde tödlich getroffen und auch ein französischer Junge, der hier in Langensteinbach in die Schule ging. Ja, sie starben im Kugelhagel ihrer Verbündeten.

Irgendwann vor dem 16.  März konnte ein Aufklärungsflugzeug eine Aufnahme machen, die zwei Bombentrichter im Finkengrund zeigt. Zeitzeugen sahen zuvor, dass ein amerikanisches Jagdflugzeug, welches seine beiden Bomben noch auf der Unterseite hatte, über das Langensteinbacher Unterdorf flog, dann aber in Richtung Norden abdrehte und weit unten im Tal seine beiden Bomben abwarf. Dort war niemand und nichts zu sehen, kein Fahrzeug auf der Straße und auch keine Bauern auf dem Feld. Ganz offensichtlich wollte die Flugzeugbesatzung  niemand treffen.  Es gab auch eine menschliche Seite des Krieges!

Hildegard Ried