ARCHIV: Heimatverein Karlsbad

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Vor 70 Jahren

19.11.2015 – 31.12.2015

Gegen Ende des Krieges musste der Schulunterricht immer wieder ausfallen. Nach einem nächtlichen Fliegerangriff, bei dem auch schon mal die Fensterscheiben des Schulhauses zerbarsten, waren die Schüler ganz einfach zu müde, um dem Unterricht folgen zu können.

Oft fehlte es auch an Heizmaterial. Der dadurch nötige Ausfall des Unterrichtes wurde dann Kohlenferien genannt. Ab ungefähr März 1945 mußte der Unterricht völlig eingestellt werden. Erst im Oktober des Jahres konnten die Schüler wieder zur Schule gehen. Wie schwierig sich dieser Anfang dann  besondern für die Lehrer gestaltete, schildert der erste damalige Lehrer in Langensteinbach und Auerbach. Ernst Michler erinnert sich in seinen Erzählungen immer noch gerne an diesen recht schwierigen Neubeginn: 

“Als Angehöriger der 6. Armee war ich 1942 in Stalingrad und erkrankte dort an Gelbsucht.

Ich sollte ausgeflogen werden, doch das war nicht mehr möglich. In einem Güterzug konnte ich dann doch den noch nicht völlig geschlossenen Kessel verlassen. Meine Krankheit wurde in einem Lazarett in Amberg ausgeheilt. Danach mußte ich mich wieder dem Dienst in der Wehrmacht stellen und kam später in englische Gefangenschaft.

                                


 

Am 14. Juli 1945 wurde ich aus englischer Gefangenschaft entlassen. Sofort bemühte ich mich um eine Anstellung als Lehrer. Ich war damals 28 Jahre alt. Am 28. September erhielt ich dann vom Oberschulamt den Auftrag, nach Langensteinbach zu gehen, und dort die Schule für die Wiederaufnahme des Schulunterrichtes vorzubereiten.

Erfreulich war es nicht gerade, wie ich die beiden Schulhäuser antraf. Viele Fensterscheiben fehlten und die Fenster mußten mit Pappkarton dicht gemacht werden. Nur notdürftich waren die Schulsäle gereinigt. Die langen Bänke standen jedoch an ihren Plätzen. In der kleinen Kammer im vorderen Schulhaus - es muß zuvor die Bibliothek gewesen seien - lag ein Berg durcheinandergeworfener Bücher. Aus diesem Bücherberg mußten nun diejenigen Bücher ausgesucht werden, die nicht von der Nazizeit geprägt waren. Für mich als Berufsanfänger - es war ja mein erstes Lehramt - waren solche Vorlagen für den Unterricht dringend erforderlich.

Gleich kamen dann auch meine Kollegen Lore Popp, Egon Baier und die Handarbeitslehrerin Elisabeth Herkel an. Nach einigen Tagen gemeinsamen Wirkens hatten wir nun die Schulräume soweit, dass der Unterricht beginnen konnte. Die Gemeindeverwaltung liess über den Schütz bekanntmachen, dass der Unterricht weitergeht, und forderte die Schüler zum Schulbesuch auf.

Ich hatte als ältester und deshalb leitender Lehrer die sechste, siebte und achte Klasse zu unterrichten. Das waren insgesamt ungefähr 180 bis 190 Schüler. Schon nach einigen Tagen erhielt ich den Auftrag, die immer noch verwaiste Schule in Auerbach mitzubetreuen. Damit hatte ich dann 288 Schüler in allen Fächern zu unterweisen.

Je drei Tage war ich nun im täglichen Wechsel in Langensteinbach und Auerbach tätig. Da ich in Langensteinbach fest angestellt war, erhielt ich eine Wegegeldvergütung von vier Pfennig pro Kilometer. Der Weg vom Bahnhof Langensteinbach nach Auerbach konnte in jener Zeit nur zu Fuss zurückgelegt werden. Nach ungefähr sechs Wochen fand sich dann auch ein Lehrer für Auerbach, und ich konnte mich ausschliesslich wieder meinen drei Langensteinbacher Klassen widmen.

In dieser Anfangszeit nach dem Krieg kamen nur einmal zwei amerikanische Offiziere und kontrollierten, ob der Unterricht auch der neuen Zeit entsprach. Es durfte keinerlei Unterricht zum Dritten Reich erteilt werden.”

 

Nach seiner Zeit in Langensteinbach wurde Ernst Michler von 1949 bis 1953 an die Volkschule Spielberg versetzt und leitete diese Schule bis ein älterer Kollege dieses Amt übernehmen konnte. Danach unterrichtete Ernst Michler zehn Jahre an der Ettlinger Pestalozzi-Schule, wurde dann 1963 als Oberlehrer an die Thiebauth-Schule berufen und wurde 1969 zum Konrektor dieser Schule ernannt. Dieses Amt begleitete er dann bis zu seiner Pensionierung 1979. 

 

Lehrer Michler verbrachte seinen Lebensabend im Stephanusstift beim Stadtbahnhof in Ettlingen und verstarb dort im Juli dieses Jahres.