Karlsbader Mitteilungsblatt

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Im Licht der Reformation

28.02.2017 – 31.03.2017

450 Jahre Schule in Langensteinbach

Bisher für die Ortsgeschichte Langensteinbachs wenig beachtet waren die Verwaltungsakten des württembergischen Amtes Neuenbürg, in der Registratur als „Geistliche Lagerbücher“ bezeichnet. Dort finden sich eindeutige Hinweise auf die Einrichtung einer ersten Schule in Langensteinbach im Jahr 1566. Ort des Geschehens waren demnach zwei Gebäude im Langensteinbacher Unterdorf, auf dem heutigen Areal der Grundschule. An dieser Stelle befand sich um 1560 das sogenannte „St.-Barbara-Pfründ-Haus“ im Besitz des Klosters Herrenalb – und auf dem Nachbargrundstück, dicht daneben, das „Frühmeßgebäude“, St. Luzia oder St. Katherina geweiht. Letzteres war im Besitz des halbgeistlichen Deutschen Ritterordens, der auch über das Patronatsrecht über die Langensteinbacher Dorfkirche verfügte. Im Pfründhaus wurden ursprünglich die Erträge der St.-Barbara-Pfründe gelagert. Im Frühmeßhaus, vor 1500 entstanden, las ein Kaplan am frühen Morgen täglich für die Bauern die Messe. Der Aufwand für die Frühmesse wurde ebenfalls aus dem Ertrag einer Pfründe bestritten. Die herzoglich württembergische Verwaltung hatte bereits 1536 mit Zwangsmaßnahmen gegen das Kloster Herrenalb und seine Einrichtungen begonnen. Ziel war die Auflösung des Klosters und der geistlichen Feudalrechte, mit der Vorgabe, reformatorische Ziele zu verfolgen. In Langensteinbach war diese Entwicklung ins Stocken geraten, weil die an der Schirmherrschaft (=weltliche Oberhoheit) über das Kloster mitbeteiligten badischen Markgrafen und der kirchentreue Deutsche Ritterorden sich abwehrend verhielten. Schließlich zog der Amtmann von Neuenbürg die St.-Barbara-Pfründe samt Grundstück ein und löste die Frühmesse auf. Beide Aktionen waren im damaligen Sinne Rechtsbruch. Die Neuenbürger Amtsrechnung für 1566 fasste sinngemäß zusammen: Das St.-Barbara-Pfründ-Haus und das Frühmeßhaus wurden umgebaut, Rathaus und Pfarrhaus neu gebaut. Gesamtkosten in Höhe von 600 Gulden mussten aufgebracht werden. Dazu wörtlich: „St.Barblen pfrundt hat ain halben morgen zwölf ruthen gardens, daruf ein Behaußung steht, die zu gedachter pfrundt gehört und jeczo ein Schulmeyster zu Stainbach bewont..“ Im ehemaligen Frühmeßhaus sei die Schule eingerichtet. Die Aufgabe des Unterrichtens sei dem Amtsschreiber des Amtes Langensteinbach übertragen. Er erhallte dafür 28 Gulden jährlich aus der eingezogenen St.Barbara-Pfründe. Die Koppelung der Funktionen Amtsschreiber und Lehrer blieb bis in die Anfangszeit nach der Integration Langensteinbachs in die Markgrafschaft Baden erhalten. Die obigen Angaben werden in der Amtsrechnung für 1592 fast wörtlich wiederholt und dabei hinzugefügt, dass in den Jahren 1585 – 1592 Johann Ehrenpreis Amtsschreiber und Lehrer gewesen sei, dann aber 1592 durch Christoph Herbst ersetzt wurde. Bis zum Jahr 1635 sind die Namen weiterer Amtsschreiber in der Doppelfunktion bekannt: Johann Wendel Seytz, Jodocus Fleckenstein, Hans Aublin, Hans Graff, Johann Gutheil (oder Gutleuth). Danach tritt durch das verheerende Kriegsgeschehen (Dreißigjähriger Krieg) eine größere Überlieferungslücke ein, weil keine Quellen vorhanden sind. Bemerkenswert aus heutiger Sicht ist: Die im Zeichen der Reformation 1566 gegründete und eingerichtete Schule war eine öffentliche Schule, wenngleich bis 1754 eine freiwillige Schule. Sie beruhte auf obrigkeitlicher und gemeindlicher Basis, entsprechend auch die Entlohnung des Lehrers. Der damals durch Nutzung vorhandener Gebäude gewählte Standort wurde im Lauf der Zeit durch Zuerwerb von Nachbargrundstücken erweitert, blieb jedoch bis zur Gegenwart erhalten. Näheres zur Vorgeschichte und zur Entwicklung der Schule und ihrer Baugeschichte muss einer eigenen Schulchronik vorbehalten bleiben. Horst Sommer, Heimatverein Karlsbad 

Historisches Bild vom Grundschulgebäude (Fotografin: vermutlich Hindelang), vermutlich aus den 1940er Jahren mit Kindern im Schulhof. 

Ein aktuelles Bild von der gleichen Seite, heute ist hier kein offizieller Eingang zur Schule mehr.

 Aktuelles Bild vom Innenhof aus mit Blickrichtung auf den heutigen Haupteingang der Grundschule. Fotos: Gemeinde Karlsbad