Karlsbader Mitteilungsblatt

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Der Wald hat viele Funktionen für Allgemeinheit

06.06.2017 – 22.09.2017

Gemeinderat auf Waldbegang zwischen Pfaffenroter Teich und Ehrlich´s Eck in Karlsbad-Ittersbach

Auf einem rund vier Kilometer langen Rundweg informierten Forstdirektor Thomas Rupp sowie die Forstrevierleiter Martin Mußgnug und Josef Mayer bei der traditionellen „Gemeinderatssitzung im Grünen“ das Gremium und interessierte Bürgerinnen und Bürger über die Arbeit des Forstes. Bei der Fußtour am Mittwoch, 31. Mai 2017 ging es unter anderem um Erholungseinrichtungen, Entwicklung der Eichen- und Fichtenmischbestände,  Artenschutz und Folgen von illegal angelegten Fahrradstrecken. „Der Wald in Karlsbad hat durch seine Größe eine besondere Bedeutung, auch die Naherholung zählt dazu“, so Bürgermeister Jens Timm bei der Begrüßung am Waldparkplatz beim Ittersbacher Schützenhaus. Im Verlaufe des Waldbeganges mit Abschlusssitzung informierte Rupp darüber, dass man bezüglich des Holzeinschlags im 1140 Hektar großen Gemeindewald mit derzeit 5.000 Festmetern im Plane liege. Dies gelte ebenso bei den  Erträgen, die geplant ca. 300.000 Euro betragen. Das vorgesehene Defizit von 150.000 Euro könne voraussichtlich eingehalten werden. „Der Forst wünscht dem Wald einen schlechten Sommer“, mit diesen deutlichen Worten vermittelte Rupp, woran es den Bäumen vor allem fehlt: Wasser. Durch den extrem trockenen Winter  sei der Grundwasserspiegel sehr tief abgesunken. Von den Frostschäden durch den Kälteeinbruch im April hätten sich die allermeisten Bäume  wieder erholt. Die sogenannte Forsteinrichtung laufe in diesem Jahr und der Gemeinderat solle dann im kommenden Jahr darüber entscheiden. Demnächst soll die Forstverwaltung im Landkreis im Hinblick auf das schwebende Rechtsverfahren zur Waldbewirtschaftung (Kartellrecht) neu organisiert werden. Der Kreistag habe beschlossen, bis zur endgültigen Entscheidung des Verfahrens - es liegt eine Beschwerde des Landes beim Bundesgerichtshof  vor -  die Waldbesitzer so gut als möglich im seitherigen Umfang zu betreuen.

V.l.n.r. Bürgermeister Jens Timm, Forstrevierleiter Josef Mayer und Martin Mußgnug sowie Forstdirektor Thomas Rupp.

Stationen im Wald

Beim Waldspaziergang wurde zunächst die Sanierungsnotwendigkeit des Waldparkplatzes beim Ittersbacher Schützenhaus dargestellt. Dieser Platz werde, so Rupp, hauptsächlich von den Mitgliedern und Besuchern  der dortigen Vereine und Gaststätten genutzt. Dagegen sei die Zahl der dort parkenden Waldbesucher verschwindend gering, so dass die anstehenden Arbeiten außerhalb des Forsthaushaltes zu finanzieren sind. Die laufenden Unterhaltungsarbeiten hätten  nicht ausgereicht, dem Verschleiß durch die intensive Nutzung entgegen zu wirken. Aktuell gebe es erneut tiefe, insbesondere Fahrradfahrer gefährdende Schlaglöcher, die aus Gründen  der Verkehrssicherheit dringend zu reparieren seien. Bürgermeister Jens Timm erläuterte, dass das Bauamt vorschlage, die Fläche zu asphaltieren. Für die geschätzten Kosten von ca. 50.000 Euro sei allerdings kein Geld im Haushalt eingeplant. Hier suche man noch nach einer Finanzierungsmöglichkeit.  Anschließend wurden Pläne zur Anlage eines Trimm-Dich-Pfades vorgestellt. Forstdirektor Rupp berichtete von den Erfahrungen der Forstverwaltung  und den Gesprächen mit Sportwissenschaftlern zu diesem Thema: Die Interessen der Sportler, die diese Strecken nutzen, seien so heterogen, dass neu konzipierte Pfade meist nur Laufstrecken und Dehnstationen anbieten. Die  verschiedenen Nutzer suchten die für ihre Bedürfnisse am besten geeigneten Übungen selbst heraus, beispielsweise in Form von digitalen Angeboten (u.a. Apps auf Smartphones). Gemeinderat Walter Hoffer und Ortsvorsteherin Heike Christmann informierten, dass man bereits Mittel für einen Pfad gesammelt habe und die Vereine ein solches Projekt unterstützten. Bürgermeister Jens Timm sagte, dass man vor dem Entscheidungs- und Beratungsprozess in den Gremien ein Konzept erarbeiten und die Folgekosten klären müsse.

Der Gemeinderat bei der Waldtour.

Naturnaher Waldaufbau weiter entwickeln

An einer weiteren Station sagte Thomas Rupp, dass sich  der Nadelbaumanteil im Karlsbader Gemeindewald seit  1987 von 74 auf rund 40 Prozent verringert habe. Dagegen hätten die Buchen- und Eichenflächen von 23 auf 40 Prozent zugenommen. „Die Wiederannäherung an die von Natur aus vorkommenden Baumarten ist gewollt, wurde aber durch die Sturmwürfe beschleunigt“, so umschrieb Rupp den Weg in einen naturnäheren Waldaufbau. Bei dem Waldbegang wurde gezeigt, wie labile Fichtenbestände in Eichenmischwald umgewandelt werden und wie sich die jungen, nach den Sturmwürfen angelegten Laubbaumbestände entwickeln. Während in einem 35 jährigen Eichenbestand nur Brennholz geerntet werden kann, können nach einer Durchforstung im gleichalten Fichtenwald bereits Hölzer für die Säge- und Papierindustrie angeboten werden. Erst im Alter 100 kann wertvolles Eichenholz veräußert werden, das die Fichtenpreise übertrifft. Nur wenn über 180jähriges wertvolles Eichenstarkholz geerntet werden kann, sei der Ertrag der Laubholzwirtschaft mit dem des Fichtenanbaus vergleichbar. Trotzdem seien die großflächigen Eichenkulturen notwendig gewesen, weil sie an den schwierigen Standorten sicher anwachsen. Auf dem Rundweg wurden den Teilnehmern schließlich noch die im Teilflächennutzungsplan auf den Gemarkungen Karlsbads ausgewiesenen  Windkaftstandorte, die alle im Gemeindewald liegen, vorgestellt. Rupp meinte, dass sich  angesichts der relativ geringen Windgeschwindigkeiten zuerst einmal überhaupt Interessenten melden müssten. Dann stehe als nächster Schritt ein Baugenehmigungsverfahren an und mit der Gemeinde müsse ein Pachtvertrag abgeschlossen werden. Am Ehrlich´s Eck ging es um den Erhalt markanter, alter Eichen. Ziel der Förster sei es, starke alte Bäume heranzuziehen. Der Artenschutz,  wie die Erhaltung von Höhlenbäumen oder von Insekten besiedelten Exemplaren, sei aber genauso wichtig wie die Ernte wertvoller Stämme. Man müsse auch an die Nachfahren denken, die nur dann dicke Bäume bewundern und ernten könnten, wenn die jetzige Generation dicke Bäume ernte und vor allem junge Eichen pflanze. Ein Ärgernis im Wald seien dreiste  Freizeitsportler, die  ohne Zustimmung der Waldbesitzer nach ihren Vorstellungen illegale Bikerstrecken bauen. Es könne nicht sein, dass jeder  den Wald nutze, ohne die berechtigten Interessen und Belange des Waldes, seiner Besitzer, des Naturschutzes, der Jäger und der anderen Waldbesucher zu beachten.

Eichenwald-Jungfläche. Fotos: Gemeinde Karlsbad