Karlsbader Mitteilungsblatt

ARCHIV: Heimatverein Karlsbad

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HEIMATGESCHICHTLICHES aus LANGENSTEINBACH

26.10.2017 – 31.12.2017

Im Nachlass des ehemaligen Französischlehrers Wolfgang
Rausch fand dessen Schwester Sieglinde Krauß diese Übersetzung eines Briefes, der von einem ehemaligen französischen Kriegsgefangenen an "seine Familie" in Langensteinbach, bei der er untergebracht war, gerichtet war. Der Brief ist ein Zeugnis der Menschlichkeit aus einer unmenschlichen Epoche.

Leider ist bis dato nicht bekannt, für wen Wolfgang Rausch diese Übersetzung angefertigt hat, bzw. an welche Familie der Brief gerichtet war. Hildegard Ried (Tel. 07202/2059) ist für jeden Hinweis dankbar.   

Der Wortlaut des Briefs in deutscher Übersetzung:

"                                                                                                                         23.4.46

Sehr geehrter Herr, sehr geehrte Dame.

Seit meiner Abreise hatte ich Ihnen versprochen, Ihnen zu schreiben; in Anbetracht der Umstände war es mir (bisher) nicht möglich. Wie viele Male habe ich in meiner Familie von Ihnen gesprochen! Denn ich behalte Ihr Familienleben, an dem ich teilhaben durfte, in guter Erinnerung; ich wurde nicht als Gefangener behandelt; ich danke Ihnen für diese schöne Geste mir gegenüber. Als ich am 5. Januar 1943 wieder nach Hause kam, wurde mir ein Fest bereitet;  was für eine Freude für meine Frau und meine Kinder, die ich kaum wiedererkannte; sie waren gewachsen; sie danken Ihnen für die Geschenke, die Sie ihnen gemacht haben. Bei mir zu Hause war alles so ziemlich in Ordnung; es gab keine Bombardierung; (lediglich) einige Geräte waren in einem schlechten Zustand, es gab zwei Pferde und einige Kühe weniger; (aber) jetzt ist alles durch Arbeit in den alten Zustand gebracht worden.

Joseph ist nach fünf Jahren Abwesenheit wieder nach Hause gekommen; wie ist das doch lang für die Familien! Er ist bei guter Gesundheit, ebenso sein Sohn und seine Mutter; durch ihn habe ich einige Nachrichten aus Langensteinbach bekommen.

Ich wünsche Ihnen Ihrerseits, daß die ganze Familie bei guter Gesundheit sein möge; ich denke, daß Sie mir bald schreiben werden, innerhalb eines Monats; später kommt ein Brief vielleicht nicht an. (?) Zur Zeit habe ich bei mir zu Hause einen deutschen Gefangenen aus Nürnberg, der sehr gut arbeitet; ich setze mich dafür ein, daß er Nachricht von seiner Familie bekommt.

Meine Frau und meine Kinder schließen sich mir an, um Ihnen für die gute Aufnahme zu danken, die Sie mir meinerseits bereitet haben; ich behandle meinen (Gefangenen) so, wie ich behandelt wurde.

In bestem Gedenken

Bazin Germain

Richten Sie Ihre Antwort an die Adresse, die Ihnen angegeben werden wird."

(HR)