Karlsbader Mitteilungsblatt

ARCHIV: Heimatverein Karlsbad

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HEIMATGESCHICHTLICHES aus LANGENSTEINBACH

02.11.2017 – 31.12.2017

WAR ES EINE GNADENSACHE ?

"1525

Philipp von Gottes Gnaden

Marggrave zu Baden

Schultheis, was sych die armen verjagten Brüder, von Herrenalb mangelshalb, ihrer Lypsnarung beclagen hastu ..."

so beginnt das Schreiben des Markgrafen von Baden an den Schultheiß von Langensteinbach wegen der armen verjagten Brüder von Herrenalb.

"Trotz inliegender Copie ihrer Buße leiden die benannten armen Brüder, worunter viel schwache alte Soldaten sind, in ihren letzten Tagen Hunger. So ist unsere Meinung, was du von Betteln, Zinsen oder anderen Abgaben im Langensteinbacher Amt zukünftig einziehen wirst, das solltest du gegebenenfalls unserem Landschreiber in Baden mitteilen.

Was aber an Früchten anfällt, und auf den Speichern im Alberhofe verwahrt wird, von dem - so denken wir -  sollten die Brüder ihr Leben lang etwas erhalten für ihre Ernährung."

Mit den armen verjagten Brüder könnten Mönche gemeint gewesen sein, die vielleicht aufgrund der Reformationsbewegung von ihrem Kloster in Herrenalb vertrieben wurden. Sie lebten 1525 im Herrenalber Amtsort Langensteinbach zusammen mit Veteranen bzw. alten Soldaten auf dem Alberhof.  Vielleicht war dieser Alberhof so etwas wie ein Altersheim für altgediente Mönche und Soldaten.

1525 hatte Martin Luther schon längst auf der Wartburg die Bibel ins Deutsche übersetzt. Da jedes der so zahlreichen deutschen Länder seinen eigenen landesüblichen deutschen Dialekt hatte, wählte er das Hannoveranische für die Übersetzung, weil diese Sprache – nach seiner Meinung – überall in den deutschen Ländern verstanden werden konnte.

Bis in die Markgrafschaft Baden schien 1525 jedoch diese neudeutsche Sprache noch nicht vorgedrungen zu sein. Der Brief ist in einer Schrift und in Worten verfasst, die Laien nicht lesen können. Ein Wissenschaftler half freundlicherweise bei dieser Übertragung in das heutige Deutsch. (HR)