Karlsbader Mitteilungsblatt

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Baumartenreichtum und Erholungsfunktion zählen beim Karlsbader Wald besonders

24.04.2018 – 30.09.2018

Gemeinderat beschließt neue Forsteinrichtung für 2018 bis 2027

Viele Informationen hatte der Gemeinderat bei seiner traditionellen „Wald-Gemeinderatssitzung“ am Mittwoch, 18. April 2018 zu verarbeiten. Da war es gut, dass vor der offiziellen Sitzung in einem Lokal in Karlsbad-Langensteinbach ein rund zweistündiger Waldbegang im südlichen Teil von Langensteinbach stattfand. „Baumartenreiche, gemischte Waldbestände sind als wesentliches Element der Erholungslandschaft und Quelle des nachwachsenden Rohstoffes Holz wichtiges Ziel beim Wiederaufbau des Karlsbader Waldes“, mit diesen Worten stellte Oberforstrat Helmut Weishaar das Forsteinrichtungswerk für den Gemeindewald Karlsbad an der ersten Station am Waldtrauf beim Kurfürstenbad vor. Die alle 10 Jahre stattfindende, sogenannte „Forsteinrichtung“ ist ein wichtiges Planungsinstrument der Forstverwaltung und beinhaltet eine Analyse des Ist-Zustandes, den Blick zurück auf die letzten 10 Jahre im Vergleich zur Planung und das Setzen von neuen Vorgaben für die kommenden 10 Jahre von 2018 bis 2027. Beim Waldbegang, der vom Kurfürstenbad über den Spielberger Rankweg, den Altheuweg, den Bocksbachsteg, die 2. Richtstatt und den Stürmersweg zum Schwimmbadparkplatz führte, konnten sich die Teilnehmer die Ergebnisse der Forsteinrichtung beim Blick auf typische Waldbilder erläutern lassen. Bürgermeister Jens Timm konnte eine große „Forst-Mannschaft“ sowie etliche Gäste begrüßen: Oberforstrat Helmut Weishaar, Forstdirektor Thomas Rupp sowie die Forstrevierleiter Martin Mußgnug und Josef Mayer. Entlang der Kurfürstenbadstraße stellte Forstdirektor Thomas Rupp die Pläne für die Pflege des dortigen Waldrandes vor: Der artenreiche Trauf mit schönen Eichen soll möglichst lange erhalten werden. Dabei muss allerdings der Nachbarschutz beachtet werden. „Es zeigt sich, dass mit einer Unterschreitung eines sinnvollen Waldabstandes zwar billiges Bauland, zugleich aber auch viele Folgeprobleme geschaffen werden“, verdeutlichte Rupp die Problematik. Die zusätzliche Lebensqualität für „waldnahes“ Wohnen bedeute für den Forst einen hohen Aufwand für Verkehrssicherungsmaßnahmen. Auf rund 52 Kilometern grenzen die Ränder des Gemeindewaldes an landwirtschaftliche Flächen, Straßen, Schienen und Siedlungsflächen. Deren Pflege, Erhaltung und Verkehrssicherung ist eine ständige Aufgabe für die Forstrevierleiter und Waldarbeiter des Karlsbader Waldes.  Während dem Rundgang wurden zudem die Pflege junger Buchen-, Fichten- und Eichenbestände, die Durchforstung mittelalter Nadelmischwälder und die Verjüngung von Buchenalthölzern gezeigt. Die Förster erklärten dabei unter anderem, wie sie „Zukunftsbäume“ heraussuchen und diese gezielt fördern, wie Brennholzselbstwerber dem Forst Pflegekosten einsparen und wie standortgemäß die Bäume gepflanzt werden. „Zu einem vielgestaltigen Wald gehört auch ein bestimmter Anteil an Tannen, Douglasien, Kiefern, Lärchen und  Fichten. Wenn die natürliche Verjüngung ausbleibt oder nicht ausreicht, pflanzen wir die fehlenden Anteile.“, so Forstrevierleiter Martin Mußgnug an einer Station. Naturschutz ist ebenfalls ein Ziel  bei der Gemeindewaldbewirtschaftung. Das wurde an einer anderen Stelle  augenscheinlich. Die Forstverwaltung hat ein Naturschutzkonzept erarbeitet und setzt dieses auch um. Es beinhaltet unter anderem die Pflege und die Erhaltung  kleinflächiger Altholzbestände. Abseits der Wege können die Bäume groß und alt werden. 22.000 Festmeter an Totholz gibt es im Karlsbader Wald und die Forstmitarbeiter pflegen verschiedene Waldbiotope.

Ein "erholungsfördernder" Blick in den Karlsbader Wald

Verfahren der Forsteinrichtung   

In der sich dem Waldbegang anschließenden Sitzung erklärte Oberforstrat Helmut  Weishaar als zuständiger Planer das bei der Erstellung der Forsteinrichtungswerke übliche Verfahren. „Forsteinrichtung, das ist die Bestandsinventur oder Zustandserfassung, die Kontrolle der durchgeführten Maßnahmen und die  mittelfristige Planung aller Arbeiten, die in den nächsten 10 Jahren für die Weiterentwicklung des Gemeindewaldes anstehen“. Im Rahmen einer Stichprobeninventur wurden zunächst im Sommer 2016 in 555 Probekreisen Baumartenzusammensetzung, Holzvorrat, Zuwachs und eventuelle Schäden der dort vorkommenden Bäume ermittelt. Die Ergebnisse wurden dann auf den Gesamtwald hochgerechnet.  Weishaar hat  daraufhin 2017 mit den Forstrevierleitern Josef Mayer und Martin Mußgnug alle Bestände im Karlsbader Wald begangen, beschrieben und gemeinsam mit Forstamt und Forstdirektion die in den nächsten zehn Jahren anstehenden Arbeiten geplant.

Der Karlsbader Wald in der Analyse

Seit 2008 hat sich der Gemeindewald  um rund 7 Hektar auf  1.201,7 Hektar vergrößert. Buchenmischwälder haben mit 28% den größten Anteil, gefolgt von Kiefernmischwäldern mit 22 % ; Eichenwälder mit 17% , Fichten- und Douglasien-Bestände mit 14 % beziehungsweise 12% treten etwas zurück. Auf 62% der Waldfläche stocken Laubbäume, mit der Buche als klar führender Baumart, der Anteil der Nadelbäume zusammen liegt bei 38%. Der Holzvorrat beträgt 345 VFm/ha und hat gegenüber der Vorinventur wieder um 14 Prozent zugenommen. Die Planung für die Jahre 2008 – 2017 wurde  mit einem Vollzug von 103 % gut erreicht. Besondere Funktionen habe der Wald beim Schutz von Wassser- und Quellschutzgebieten sowie als Erholungswald. Der Anteil der zufälligen Nutzungen (Sturm, Käfer, Dürre, Pilze) lag mit 5% erfreulich niedrig, in der letzten Forsteinrichtungsperiode waren es – vor allem sturmbedingt -noch 67% gewesen. Der Hiebsatz wurde in der letzten Forsteinrichtung zunächst auf 6.500 Festmeter festgelegt, jedoch bereits in 2014 auf 5.200 Festmeter verringert.

Vorgaben in neuer Forsteinrichtung

Richtschnur für das neue Forsteinrichtungswerk war für Weishaar die vom Gemeinderat 2016 beschlossene Zielvorgabe: „Der Karlsbader Gemeindewald soll weiterhin vorrangig Schutz- und Erholungsfunktionen erfüllen, ohne dass die Holzproduktion zu sehr vernachlässigt wird. Vorrang wird dabei dem Wiederaufbau vorrats- und baumartenreicher Bestände eingeräumt.“ Die neue Forsteinrichtungsplanung orientiert sich an den Zielvorgaben und den Rahmenbedingungen, wie sie sich aus den örtlichen Wuchsverhältnissen, der Holzvorratsentwicklung, dem Bestandsaufbau, aus den Hiebsreifekriterien und nach den zu erfüllenden Waldfunktionen  ergeben. Hieraus leite sich, so Weishaar, ein Hiebssatz von jährlich 6.000 Festmetern ab, der ungefähr auf dem Vollzugsniveau der letzten 10 Jahre liege. Auf 12 ha belaufen sich die geplanten Pflanzmaßnahmen, wobei das Einbringen der sehr zukunftsträchtigen Baumart Douglasie auf 9,3 ha klar im Vordergrund stehe. Jungbestände sind auf rund 290 Hektar zu pflegen. Zudem seien Wertästungen bei ca. 2.700 Bäumen, meist Douglasien,  notwendig und sinnvoll. „Mit diesem Planungsvorschlag kann der Wiederaufbau des Karlsbader Waldes mit der  Förderung  der Baumartenvielfalt und dem Aufbau stabiler, wo erforderlich, eichenreicher Bestände fortgesetzt werden“, so Weishaar abschließend. Er lobte die örtlichen Förster für die gute Arbeit am und im Wald. Bürgermeister Jens Timm schloss sich dem Dank an und betonte, dass beim Karlsbader Wald ein wichtiges Augenmerk auf der Erholung liege. Das durchschnittliche Defizit von 90.000 Euro werde sich in Folge der sich verändernden Strukturen im Forst erhöhen, so prognostizierte Timm. Der Gemeinderat befürwortete einstimmig die neue Forsteinrichtung.  Dem Klimawandel begegne man mit einer veränderten Baumartenstruktur, so Weishaar auf Nachfrage von Ortsvorsteher Hans-Gerhard Kleiner. Hier seien die Eiche und bei den Nadelhölzern die Douglasie Hoffnungsträger. Einschränkend meinte Revierförster Martin Mußgnug jedoch, dass die Wetterextreme das eigentliche Problem seien und diese schadeten allen Bäumen.

Kartellverfahren

Forstdirektor Thomas Rupp informierte darüber, dass demnächst im Kartellverfahren zur Struktur des Forstes ein Urteil des Bundesgerichtshofes zu erwarten sei. Für den Staatswald werde es eine neue Organisationsform geben. Problematischer sei die Situation für den Nichtstaatswald, hier steige die Eigenverantwortung der Eigentümer. Politisch wolle die Landesregierung den bisherigen Standard im Forst erhalten. Man müsse jedoch mit steigenden Kosten rechnen, die Revierleitung werde teurer und die neue Organisationsform müsse kostendeckend arbeiten. Bürgermeister Jens Timm erläuterte, dass er in einer Arbeitsgruppe auf Landkreisebene mitarbeite. Diese habe unter anderem die Aufgabe, ein Zukunftsmodell zu entwerfen.

V.l.n.r. Bürgermeister Jens Timm, Oberforstrat und Forsteinrichter Helmut Weishaar, Forstrevierleiter Martin Mußgnug und Josef Mayer sowie Forstdirektor Thomas Rupp (rechts neben Plan) erläutern die Struktur des Karlsbader Waldes.

Die Teilnehmer der Waldbegehung. Fotos: Gemeinde Karlsbad