Karlsbader Mitteilungsblatt

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Moment mal

26.10.2018 – 02.11.2018

Unser Sonntag – ein „Palast in der Zeit?“

Wie halten Sie es mit dem Sonntag? Sehnen Sie ihn als „Tag der Arbeitsruhe“  herbei, als Tag der  „seelischen Erhebung“, wie er durch unser Grundgesetz geschützt ist?

Er ist ein besonderer Tag in der Woche: Lange Ausschlafen gehört vielleicht zum Sonntag, Zeit für die Familie, ein Sonntagsspaziergang … Ich weiß nicht, wie Sie Ihren Sonntag am liebsten verbringen.

In einer Fabel aus Afrika ereifern sich die Tiere darüber, was den Sonntag zu diesem besonderen Tag mache. Der Löwe erklärte: "Wenn ich eine Gazelle verspeise, ist für mich Sonntag." Das Pferd meinte: "Mir genügt schon eine weite Koppel, damit ich stundenlang austraben kann." Das Faultier gähnte: "Ich brauche einen dicken Ast, um zu schlafen." Der Pfau stellte stolzierend fest: "Nur ein Satz neuer Schwanzfedern, er genügt für meinen Sonntag." So redeten die Tiere stundenlang, und alle Wünsche erfüllten sich, aber es wurde unter ihnen kein Sonntag.

Alles besonders, alles erholsam und gewiss etwas fürs Herzle, das wird niemand bezweifeln. Aber die Tiere spürten, da fehlt noch etwas, das den Sonntag so richtig zum Strahlen bringen müsste.

Die Bibel erzählt, dass der freie Tag in der Woche ein Geschenk des Himmels ist: „Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Tätigkeiten verrichten; aber der siebte Tag ist der Ruhetag des HERRN, deines Gottes. An diesem Tag sollst du nicht arbeiten. … Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel, Erde und Meer … geschaffen. Am siebten Tag aber ruhte er. Deshalb hat er den siebten Tag der Woche gesegnet und zu einem heiligen Tag erklärt, der ihm gehört.“ (2. Mose 20, 9-11). Am Sonntag haben wir die Erlaubnis von Gott, es ihm gleichzutun: zu ruhen, in Frieden auf das zurückschauen, was wir die Woche über geschafft haben und im Ruhen Kräfte sammeln für das, was vor uns liegt. Es ihm gleichtun heißt auch, dass sich hier ein gemeinsames Zeitfenster auftut, wo sich Gott und Mensch in besonderer Weise begegnen können. Der freie Tag in der Woche ist ein „heiliger“ Tag, weil er von Gott und seinem Segen erfüllt ist – strahlend schön.  Der jüd. Theologe  A. Heschel bezeichnet diesen besonderen Tag in der Woche als „Palast in der Zeit“. Hier erleben auch wir Christen Gott als Gastgeber, feiern ihn in unseren Gottesdiensten und lassen uns von ihm mit seinen Gaben beschenken: Seine Liebe, Vergebung und Frieden ziehen in unser Herz, Trost und Stärkung  für die neue Woche. Feiern Sie mit uns!

Menschen kamen zu den Tieren in der Fabel und lachten: "Ja, wisst ihr denn nicht, dass es nur Sonntag wird, wenn man mit Gott wie mit einem Freund spricht?"

Einen gesegneten Sonntag wünsche ich Ihnen.

Annette Stier (Pfarrerin in Mutschelbach)