Am nächsten Sonntag wird in vielen Kirchen wieder eine Geschichte gelesen, die für mich zu den spannendsten der Bibel gehört, die Geschichte vom „ungläubigen Thomas“. Als seine Freunde ihm ein paar Tage nach dem Karfreitag erzählen, der gekreuzigte Jesus sei mitten unter ihnen gewesen und er habe sie beauftragt seine frohe Botschaft weiterzutragen, da will Thomas das nicht glauben. Er zweifelt. Er braucht „handgreifliche“ Beweise, dass an der Behauptung, Jesus sei auferstanden, wirklich etwas dran ist. Erst eine Woche später, als er Jesus selbst erlebt, findet er zu einem Glauben zurück, der alle seine Fragen überwindet, und Thomas kann voller Glück und Seligkeit sagen: „Mein Herr und mein Gott!“
Ich bin froh, dass diese Geschichte in der Bibel steht. Es wird also ernstgenommen, dass es beim Glauben immer wieder auch Fragen und Zweifel gibt. Ich darf den Gesetzen der Logik treu bleiben, kann meine Einwände äußern und muss auch nicht einfach alles schlucken, was ich nicht verstehen kann. Aber es lohnt sich offenbar, dennoch dranzubleiben, das Fragen nicht aufzugeben und immer wieder von neuem nach der Wahrheit zu suchen. Denn dann kann es geschehen, dass mir völlig überraschend und auf ganz ungeahnte Weise aufgeht, dass Jesus Christus auch für mich „der Weg und die Wahrheit und das Leben“ ist (Johannes 14, 6). Und mit Thomas kann ich dann unendlich glücklich einstimmen in die Osterfreude, die mich die Welt und mein Leben in einem neuen Licht sehen lässt.
Eine fröhliche Osterzeit wünscht Ihnen
Ihr Christian Sauermann, Pfarrer i. R.