Karlsbader Mitteilungsblatt

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Hilfe in den Stürmen des Lebens

15.10.2019 – 31.10.2019

Rehaeinrichtung für psychisch Kranke unterstützt seit 10 Jahren in Karlsbad

Leistungsdruck in der Schule, Stress in der Freizeit, Schwierigkeiten im Freundeskreis: Jugendliche sind dem oft nicht gewachsen und die Psyche leidet. So ist etwa jeder fünfte von ihnen mittlerweile psychisch auffällig, zeigen Studien. Der Trend setzt sich bis ins Erwachsenenleben fort: „Allein im letzten Jahr gab es 3,4 Millionen Fehltage wegen Burnout in Deutschland“, sagte Dr. Gustav Wirtz, Ärztlicher Leiter der SRH Rehaeinrichtung für psychisch Kranke (RPK) in Karlsbad-Langensteinbach am Mittwoch (25. September).

Welche Unterstützung gibt es für die Betroffenen? Das hat Dr. Wirtz mit Experten aus Medizin und beruflicher Rehabilitation beleuchtet. Eingeladen hatte die RPK zum Jubiläum: Seit zehn Jahren hilft das Unternehmen Menschen beim Übergang von der Klinik in den beruflichen und gesellschaftlichen Alltag.

Als die RPK Karlsbad 2009 gegründet wurde, schloss sie hier eine Versorgungslücke zwischen der Abteilung für Psychiatrie des Klinikums und dem Beruflichen Bildungs- und Rehazentrum (BBRZ). „Heilung von psychischen Erkrankungen braucht länger. Deshalb ist die nahtlose Unterstützung an diesem Übergang zwischen Klinik und Beruf so wichtig“, betonte Prof. Dr. Matthias Weisbrod, Chefarzt der Psychiatrie im SRH Klinikum.

Entsprechend hoch sind die Wartezeiten. Deshalb werde die Unterstützung stetig weiterentwickelt, versicherte Markus Hertrich, Geschäftsführer der Trägergesellschaft SRH Bildung. Mittlerweile hat die RPK Wohngruppen für Jugendliche mit einer psychischen Erkrankung etabliert.

Die Glückwünsche zum Jubiläum kamen auch aus der Politik: „Gerade für junge Leute ist dies ein wichtiges Angebot im Landkreis Karlsruhe. Danke für Ihren Mut, sich hier mit Freude zu engagieren!“, betonte Sozialdezernentin Margit Freund. „Das besondere an der RPK Karlsbad ist das Angebot von medizinischer und beruflicher Reha aus einer Hand“, lobte Ministerialrätin Christina Rebmann vom Sozialministerium Baden-Württemberg.

Wie wichtig diese ganzheitliche Betrachtung ist, beleuchteten Fachvorträge. „Trancezustände, Identitätskrisen – wenn wir die Kriterien für eine Psychose allgemein betrachten, hätten viele Jugendliche eine. Hier braucht es die Begleitung über einen längeren Zeitraum, um Hilfebedarf zu erkennen“, sagte Prof. Dr. Franz Resch, Ärztlicher Direktor der Heidelberger Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Wohngruppen, in denen Jugendliche gemeinsam mit Sozialpädagogen und Erziehern lernen, den Alltag zu gestalten, können ein Weg sein, erklärte Dr. Klaus Keller, Abteilungsleiter Rehabilitation der Einrichtung Herzogsägmühle in Oberbayern. „Entscheidend ist die Zusammenarbeit zwischen den Betroffenen, den Eltern und den Therapeuten.“ Das sei leichter gesagt als getan, da Psychotherapie oft nicht früh genug angewendet werde.

Das war eine deutliche Forderung Richtung Politik: „Oft sind die Menschen in einem Spannungsfeld, wann im Sozialrecht denn jetzt wer für sie zuständig ist“, erklärte Dr. Gustav Wirtz. Er forderte mit allen anderen Rednern mehr Vernetzung zwischen Klinik und Reha, um die Betroffenen aufzufangen. Dann falle es auch leichter, Hilfe zu suchen, egal ob für Jugendliche oder Erwachsene. „Es muss so selbstverständlich sein, zum Psychiater zu gehen, wie es der Besuch beim Hausarzt ist.“

Text: Christian Haas