Karlsbader Mitteilungsblatt

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Waldbegang des Gemeinderates im Karlsbader Forst

09.04.2019 – 30.06.2019

Holzeinschlag deutlich reduziert - Vorsorge für Wetterextreme

Bei Regen-Wunschwetter für den Wald fand am Mittwoch, 3. April 2019 der traditionelle Waldbegang des Gemeinderates (die Gemeinderatssitzung im „Grünen“) statt. Vom Treffpunkt am Waldparkplatz an der L622 zwischen der Gärtnerei Jansen und der Einfahrt ins Industriegebiet Ittersbach ging es auf einen rund drei Kilometer langen Weg mit Abschluss im Forstbetriebshof auf der ehemaligen Kreismülldeponie. Forstdirektor Thomas Rupp – Leiter des Forstbezirks Süd im Landratsamt Karlsruhe -  führte diesen zusammen mit den Forstrevierleitern Martin Mußgnug und Josef Mayer  sowie etlichen interessierten Bürgerinnen und Bürgern durch. Bürgermeister Jens Timm begrüßte alle und betonte die besonderen Funktionen des Waldes.  Erholung habe in Karlsbad ein höheres Gewicht als der reine Holzeinschlag. Dieser ist übrigens deutlich geringer als in den Jahren bis zum Orkan Lothar 1999. Während dort noch 12.000 Festmeter pro Jahr eingeschlagen wurden sind jetzt 6.000 Festmeter geplant. „Dabei ist noch eine gewisse Reserve für Wetterextreme eingerechnet“, so Forstdirektor Thomas Rupp. „Durch das konzentriert gelagerte Einschlagholz entsteht bei der Bevölkerung irrtümlich der Eindruck, dass sehr viel eingeschlagen wird“ ergänzte Forstrevierleiter Martin Mußgnug. Auf dem Rundgang absolvierte die Gruppe verschiedene Stationen im Wald. Dabei ging es unter anderem um die Waldrand- und Heckenpflege (Abteilung „Unterer Häßlich“), die Waldentwicklung im Bereich der Tornadoflächen (Erlen und Fichten sowie standortheimische Baumarten). Weitere Themen waren die Verjüngung zwangsweise entstandener Lücken im Fichtenmischwald und Eichen-Tannen-Mischbestände auf ehemaligen Orkanflächen. Bei der Abschlussbesprechung im Forstbetriebshof informierte der Forst zu allgemeinen Themen. 

Die Karlsbader Tornadofläche

„Die Gemeinde Karlsbad hat beim Wiederaufbau naturbedingter Waldschäden Vorbildliches geleistet“, bilanzierte Rupp die Waldentwicklung nach dem Tornado vor über 50 Jahren. Außerdem sei auf Teilflächen ein großes Gewerbegebiet entstanden. Die Geschichte der Sturmwürfe: 1920: 10.000 Festmeter in Ittersbach, 1940: 75.000 Festmeter, Tornado 1968: 50.000 Festmeter, Jahresanfang 1990: 17.000 Festmeter und Orkan Lothar 1999: 110.000 Festmeter.   Die Teilnehmer konnten sehen, wie sich die ehemaligen Tornadoflächen entwickelt haben. Am Startpunkt erläuterte Rupp die Waldrand- und Heckenpflege. Hecken könnten nur auf Dauer erhalten werden, wenn sie regelmäßig auf den Stock gesetzt werden, damit sie sich wieder durch Stockausschlag natürlich verjüngen können. Nach den Stürmen verjüngte Eichenmischwälder liefern erst nach 25-30 Jahren schwaches Brennholz. Nach dem Tornado, der am 10.7.1968 durch den Gemeindewald tobte (rund 100ha und 50 000fm) wurden auf besonders feuchten Stellen Erlenbestände, auf den stabileren Standorten Fichtenmischbestände begründet. Letztere seien jetzt wieder von Sturmwurf und Käferbefall bedroht. Auf den Bodenflächen mit stauenden Tonschichten steige mit zunehmendem Wachstum der Bäume die Gefahr, bei Wind und Sturm zu kippen. Ziel sei, die ehemaligen Tornado-Bestände in Eichen-Erlen-Tannenwälder umzubauen. Diese recht hohen Investitionen seien jedoch nur erfolgreich, wenn die erforderlichen Gelder für das Begründen des Bestandes und die anschließende Pflege aufgebracht werden. Zudem dürfe das Wild diese Investitionen nicht gefährden. Die Erlen bilden, so Rupp,  recht schnell wieder einen Wald. Jedoch werden Erlen nach circa 80 Jahren hiebsreif.  Dagegen könnten Eichenmischwälder ein Bestandsalter von bis zu 250 Jahren erreichen.  Deren Holz sei auch sehr wertvoll. An einer sich auflösenden Waldfläche zeigte der Forst, welche Schäden der Borkenkäfer verursacht. Man versuche, die Bäume so lange wie möglich im Wald zu lassen, um nicht Holz in einen „gesättigten“ Markt einzubringen. Allerdings müsse wegen den stark gefallenen Preisen für Fichten- und Tannenholz mit geringeren Einnahmen und einem höheren Defizit gerechnet werden.   Der Borkenkäfer habe ein immenses Vermehrungspotenzial und die Kontrolle der Bäume binde auch im Gemeindewald Hunderte von Arbeitsstunden.  Mit den Arbeiten für den geplanten Sportpfad Ittersbach werde man nach der Pflanzzeit beginnen. Der weitere Ausbau sei allerdings nur möglich, wenn der Forst nicht durch andere, nicht aufschiebbare Tätigkeiten  gebunden wird. Das Forstreformgesetz sei nun im baden-württembergischen Landtag eingebracht und solle noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Das Einheitsforstamt werde aufgegeben, der Landeswald in eine Anstalt des öffentlichen Rechts überführt und damit in eigenständige, privatrechtliche Strukturen. „Der Karlsbader Gemeinde- und Privatwald wird weiter vom Forstamt des Landratsamtes betreut werden. Für die forstliche Revierleitung wird die Gemeinde wie seither das  Dienstleistungsangebot des Landratsamtes in Anspruch nehmen, allerdings zu 15 bis 20 Prozent höheren Kosten“, so Bürgermeister Jens Timm. Bei der Waldplanung gehe man von einem hälftigen  Anteil an Laub- und Nadelbäumen als Zielgröße aus. Der Eichenanteil soll steigen und es könnten auch 60 Prozent Laubanteil werden, informierte Rupp in der Abschlussbesprechung. Wichtig sei, die Tanne als klimastabile Baumart zu halten. Timm bedankte sich abschließend beim Forst für dessen gute Arbeit und „langes Zukunftsdenken“. „Ich hoffe, dass die finanzielle Belastung der Gemeinde für die Waldbewirtschaftung nicht zu groß wird“.

V.l. Forstrevierleiter Josef Mayer, Martin Mußgnug, Thomas Rupp – Leiter des Forstbezirks Süd im Landratsamt Karlsruhe -  und Bürgermeister Jens Timm mit einem Vertreter der Jäger.

Eine sich auflösenden Waldfläche (links) mit Holzlagerung (rechts). Fotos: Gemeinde Karlsbad