Karlsbader Mitteilungsblatt

Rubrikenübersicht > Landkreisinformationen > Mehrbelastung des Kreishaushalts bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II und bei der Hilfe zur Pflege

ARCHIV: Landkreisinformationen

Dieser Artikel befindet sich im Archiv!

Mehrbelastung des Kreishaushalts bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II und bei der Hilfe zur Pflege

17.05.2022 – 31.05.2022

Schutzsuchende aus der Ukraine erhalten künftig Leistungen der Grundsicherung

Die Hilfeleistung für Schutzsuchende aus der Ukraine und eine zunehmend älter werdende Gesellschaft mit entsprechendem Unterstützungsbedarf schlagen sich auch im Haushalt des Landkreises Karlsruhe nieder. Mit den Sachstandsberichten und aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII und Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II befasste sich der Jugendhilfe- und Sozialausschuss in seiner Sitzung am 16. Mai, in der Jugendeinrichtung Schloss Stutensee.

Bereits seit zehn Jahren arbeiten die Agentur für Arbeit und der Landkreis Karlsruhe in der gemeinsamen Einrichtung Jobcenter Landkreis Karlsruhe zusammen und erbringen Leistungen der Grundsicherung für erwerbsfähige Menschen. Das Aufgabengebiet umfasst die Bedarfe für Unterkunft und Heizung, Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sowie Eingliederungsleistungen wie Kinderbetreuung, Schuldnerberatung, und psychosoziale Betreuung. Im Jahr 2021 erhielten durchschnittlich 6.740 Haushalte, dies waren mehr als 13.000 erwerbsfähige Personen, Leistungen der Grundsicherung. Die Corona-Krise hat sich dank der staatlichen Maßnahmen zur Erhaltung der Arbeitsplätze, Stichwort: Kurzarbeitergeld, nicht gravierend auf die Grundsicherung ausgewirkt. Was aktuell jedoch große Auswirkungen hat ist die Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz, dass die Flüchtlinge aus der Ukraine anstelle von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ab Juni Leistungen der Grundsicherung erhalten. „Das sind die Leistungen für den Lebensunterhalt und Übernahme der Wohnkosten“ informierte der Geschäftsführer des Jobcenters Rolf Martin. Diese Entscheidung auf Bundesebene führt zu ungeplanten Mehrausgaben von ca. 1,76 Mio EUR für Kosten der Unterkunft und Heizung. Nach Abzug der Bundeserstattung in Höhe von 71,5% der Aufwendungen verbleiben beim Landkreis noch rund 0,5 Mio EUR. „Zunächst geht es um die Sicherstellung der grundlegenden Bedürfnisse, in nächsten Schritten dann um Sprachvermittlung und die Integration in Arbeit. Hierzu ist eine große Bereitschaft zu erkennen“, so Martin. Die aktuelle Flüchtlingssituation unterscheide sich sowohl vom Männer-/Frauenanteil, der Anzahl von Familien und der Kinderanzahl deutlich von der Situation 2015/16. Aktuell sind rund 3.900 Menschen in den Landkreis gekommen, darunter rund 1.300 Kinder und Jugendliche. Hingenommen werden müsse, dass durch den Systemwechsel Anträge doppelt gestellt werden müssen; zunächst beim Landkreis im Hinblick auf die ausländerrechtliche Erfassung und danach beim Jobcenter. Geprüft werde dabei in jedem Fall die Bedürftigkeit: „Nicht jeder Flüchtling ist automatisch arm“, so Landrat Dr. Christoph Schnaudigel. Unerreichbare Liegenschaften in Kriegsgebieten zählen nicht zum verwertbaren Vermögen; nicht selten sind das Auto und das Reisegepäck die einzige Habe der Geflüchteten, die aber in dem Fall unter den entsprechenden Grenzen liegen.

„Bei der Hilfe zur Pflege ist ebenfalls mit Mehrbelastungen zu rechnen, allein schon wegen der demografischen Entwicklung, des abnehmenden Pflegepotenzials in den Familien und der generell sinkenden Rentenansprüche. Im Haushalt 2022 haben wir 19,3 Mio. Euro veranschlagt, die Hilfe zur Pflege gehört damit zu den kostenträchtigsten Leistungsbereichen in der Sozialhilfe“, thematisierte der Leiter des Amtes für Versorgung und Rehabilitation Roger Göbelbecker eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen, die sich durch den Mangel an Pflegekräften noch zuspitzt. Er verwies auf das sehr gute Abschneiden des Kreises im landesweiten Vergleich bei der Hilfe zur Pflege in vollstationären Einrichtungen, die 87 % der Ausgaben in der Hilfe zur Pflege ausmacht. Dies sei unter anderem auf eine gut ausgebaute Infrastruktur an vorstationären Angeboten wie ambulanten Pflegediensten, Betreutem Seniorenwohnen sowie Kurzzeit- und Tagespflege zurückzuführen gemäß des bewährten Grundsatzes „ambulant vor stationär“. Landrat Dr. Christoph Schnaudigel betonte aber, dass die Motivation hier nicht Kostengründe sind, sondern darin liegt, eine bedarfsgerechte Betreuung in gewohnter Umgebung zu ermöglichen und eine Pflegeheimaufnahme zu vermeiden oder hinauszuzögern. Hier spielen auch die flächendeckend im Landkreis Karlsruhe eingerichteten Pflegestützpunkte eine wichtige Rolle, die individuelle und passgenaue Beratung anbieten.

Die Mitglieder des Jugendhilfe- und Sozialausschusses begrüßten den eingeschlagenen Weg, Netzwerke und Kooperationen im Umfeld von Pflege zu stärken, wie dies beispielsweise durch die Pflegekonferenzen geschieht. Es sei wichtig, auf den Ausbau einer vielfältigen ambulanten pflegerischen Versorgung zu setzen und Projekte des Bürgerschaftlichen Engagements wie Nachbarschaftshilfen und ähnliches zu fördern.