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Zweite Informationsveranstaltung zum Hochwasser- und Starkregenschutz

13.12.2022 – 31.12.2022

Blick auf Mutschelbacher Situation

Am 21. November fand die zweite Bürgerinformationsveranstaltung zum Hochwasser- und Starkregenschutz für den Ortsteil Mutschelbach in der TTC-Halle statt. Rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörer folgten den Ausführungen von Bürgermeister Jens Timm und dem Fachvortrag des Ingenieurbüros WALD + CORBE. Geschäftsführer Jörg Koch und Projektleiterin Anne Jakobs stellten den aktuellen Stand der Untersuchungen mit dem Entwurf des Handlungskonzepts und den weiter geplanten Schritten vor. Die Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich an der rund zweistündigen Informationsveranstaltung mit zahlreichen Nachfragen und Ideen. Sie ließen sich darüber hinaus im Detail über die im Saal ausgehängten Starkregengefahrenkarten informieren. Das Publikum zeigte sich überrascht darüber, wie weitläufig sich die betroffenen Gebiete in Langensteinbach verteilen. An dem Abend wurde Verständnis für die notwendigen Abläufe und den Zeitbedarf für die großen Maßnahmen geweckt.

Grundsätzliches Konzept

Zu Beginn seines Vortrags erinnerte Jörg Koch an die drei grundsätzlichen Arbeitsstränge für Verbesserungen im Starkregen- und Hochwasserschutz für Langensteinbach:

Starkniederschläge sind gekennzeichnet durch große Niederschlagsmengen, die in kurzer Dauer und räumlich begrenzter Ausdehnung auftreten. Sie führen in der Folge zu oberflächigem Abfluss (Sturzfluten). In Siedlungsflächen bewirken diese Abflüsse immer häufiger  schadhafte Überflutungen abseits der eigentlichen Fließgewässer. Die Untersuchungen zum Starkregenrisikomanagement betrachten die Ortslage als Ganzes. Sie untersuchen die infolge Starkregen auftretenden Fließwege und Gefährdungen an den Siedlungsgrenzen und die Oberflächenabflüsse im Ort. 

Bei der Flussgebietsuntersuchung werden die Gewässer innerhalb und außerhalb der Ortslage unter Beachtung der Einleitungen aus den Außengebieten und den Anlagen der Ortsentwässerung betrachtet.

Die Eigenvorsorge ergänzt die aus den Untersuchungen abgeleiteten Schutzmaßnahmen im privaten Raum.

Anne Jakobs stellte die abgelaufenen Untersuchungen und Ergebnisse zum Starkregenrisikomanagement vor. In der nun abgeschlossenen Phase 1 wurden nach der Analyse der Überflutungsgefährdungen die Starkregengefahren für die sogenannten Abflussszenarien „selten“, „außergewöhnlich“ und „extrem“ erstellt. Diese Karten zeigen für unterschiedliche Niederschlagsintensitäten die akkumulierten Abflüsse und die daraus resultierenden bevorzugten Fließwege auf. Aktuell leitet sich daraus die Phase 2 mit der Risikoanalyse der kommunalen Einrichtungen und die Phase 3 mit dem ausarbeiten eines Handlungskonzepts ab.

In der Risikoanalyse für kommunale Einrichtungen wurden in Workshops die kritischen Objekte und Bereiche der Gemeinde besprochen. Hier sollen nun kommunale Risikosteckbriefe erstellt werden. Dadurch sollen bei Starkregen konkrete Gefährdungen erkannt und daraus resultierende Schutz- oder Vorsorgemaßnahmen ergriffen werden.

Im sogenannten Handlungskonzept wurde an die Möglichkeiten zur Eigenvorsorge erinnert. Basis für die weiteren Planungen ist ein kommunales Maßnahmenkonzept. Dieses noch im Vorabzug vorliegende Konzept wurde im Rahmen der Veranstaltung ausführlich vorgestellt und betrifft Maßnahmen unterschiedlicher Größenordnung.  Diese ergaben sich aus den Berechnungen aber auch aus den Beobachtungen der Gemeinde und der Bürgerinnen und Bürger bei den abgelaufenen Starkregenereignissen.

Das kommunale Handlungskonzept hat als Ziele, Wasser aus den Außengebieten zurückzuhalten und zeitversetzt abzugeben, Wasser schadenfrei abzuleiten oder um gefährdete Objekte herumzuleiten.

Innerhalb der Siedlungsgebiete sind ungewollte Fließhindernisse zu erkennen und zu beseitigen. Das Wasser soll in unsensible Bereiche gebracht, dort auch zwischengespeichert und Notwasserwege freigehalten werden. Bei allen Maßnahmen soll vorgebeugt werden, dass sich die Situation für Dritte verschlechtert.   

Das kommunale Maßnahmenkonzept sieht eine Reihe kurz-, mittel- und langfristiger umsetzbarer Maßnahmen innerhalb der gesamten Ortslage vor.

Mutschelbacher Maßnahmen

Am Wolfsgraben wird eine zentrale Rückhaltemaßnahme in unmittelbarer Ortsnähe erforderlich. In dieses Rückhaltebecken können die ebenfalls bei Starkregen auftretenden konzentrierten Fließwege auf der Verlängerung Durlacher Straße und der Verlängerung Palmbachstraße eingeleitet werden und entlasten somit die jeweiligen Entwässerungsleitungen vom Ortsrand zum Bocksbach. Eine Querrinne in der Durlacher Straße an der Kreuzung Feldblickstraße mit einer Zuleitung zum Wolfsgrabeneinlauf ergänzt die Schutzmaßnahmen. 

Im Gewann Fröschlesberg wurden bereits im Zuge der Flurbereinigung zwei kleine Retentionsbecken errichtet. Hier ist es notwendig, den Staurauminhalt des Beckens am Steinbruch weiter zu überprüfen. Dies geschieht im Zuge der Flussgebietsuntersuchung. Voraussichtlich wird hier zusätzliches Retentions(Rückhalte)volumen benötigt. 

Das Waldgebiet östlich der Bergstraße stellt ein großes Einzugsgebiet dar und führt regelmäßig hohe Wassermengen der Bocksbachverdolung über eine Rohrleitung zu. Die Einlauf-, Reinigungs- und Unterhaltungsbedingungen mit den verschiedenen Rechen vor dem Verdolungseinlauf oberhalb der Bergstraße 3 müssen verbessert werden. Es muss abgewartet werden, wie die Ergebnisse für die Leistungsfähigkeit und Beaufschlagung der Bocksbachverdolung aus den Außengebieten ausfallen. Je nach Ergebnis bedarf es für einen verbesserten Hochwasser- und Starkregenschutz einer zusätzlichen Rückhaltung an der Klamm oberhalb des Verdolungseinlaufs.

Auch in der Steinstraße beim Häckselplatz muss eine Rückhaltemaßnahme in Betracht gezogen werden. Zudem sind ein Einlaufrechen in Kombination mit einem Treibholzfang zur Verhinderung von Verklausungen wichtig. Diese Maßnahmen müssen mit der Autobahn GmbH, die für die Ableitung im Bereich der Autobahn zuständig ist, abgestimmt werden. 

In Obermutschelbach kann die Frühlingsstraße im Starkregenfall zu einem ausgeprägten Fließweg werden. Das Wasser läuft dann über die Autobahnquerung hinweg nach Untermutschelbach in Richtung Waldenserstraße. Die Anwohner der Frühlingsstraße sollten dringend überprüfen, welche Schutzmaßnahmen an ihren eigenen Gebäuden notwendig sind. Das Problem ist, dass die Straße als Abflussweg dient und tieferliegende Bereiche fluten kann.

Möglichkeiten, abfließendes Wasser zwischenzuspeichern gibt es allenfalls zwischen Bouleplatz und Einmündung des autobahnbegleitenden Wirtschaftswegs, wenn dort entsprechend große Abgrabungen realisiert werden können.

 

Flussgebietsuntersuchung Bocksbach / Klettenbach

Die Flussgebietsuntersuchung (FGU) Bocksbach / Klettenbach wurde im Oktober 2022 nach Freigabe durch das Regierungspräsidium Karlsruhe begonnen. Für diese Untersuchung haben sich die Gemeinden Pfinztal und Karlsbad als Anrainer des Bocksbach zusammengeschlossen.  Auslöser dafür war, dass nicht nur Langensteinbach und Mutschelbach, sondern auch Kleinsteinbach 2021 und schon mehrfach davor, von Hochwasser im Bocksbach betroffen war.

Die FGU betrachtet über Niederschlag-Abfluss-Modellierungen das Flusseinzugsgebiet und das Zusammenspiel von Außengebieten und dem Bocksbach. Dabei werden Einleitungen aus der Ortskanalisation berücksichtigt. Es werden Leistungsfähigkeiten und Wasserstände im Bocksbach berechnet und Überlastungen des Systems sichtbar gemacht. Auf der Basis der Ergebnisse des Ist-Zustands wird eine Hochwasserschutzkonzeption erstellt, die die Starkregenmaßnahmen beinhalten und dimensionieren.

Die Untersuchung steckt noch in den Anfängen und wird noch rund 15 Monate dauern. Insgesamt wird ein Flusseinzugsgebiet von 31 km² untersucht. 

Sanierung Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Mutschelbach

Der aktuelle Sachstand zur Sanierung des HRB Mutschelbach wurde in der Informationsveranstaltung ebenfalls vorgestellt. Für das Hochwasserrückhaltebecken liegt der technische Planungsentwurf vor. Im Laufe dieses Jahres wurden Erhebungen zur Natura-2000-Vorprüfung und zum Artenschutz sowie ein Screening zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach dem Landesumweltverträglichkeitsprüfungsgesetz durchgeführt. Aktuell laufen die artenschutzrechtliche Verträglichkeitsprüfung und es wird ein landschaftspflegerischer Begleitplan erstellt. Hier bedarf es in den nächsten Wochen weiterer Abstimmungen mit dem Forst und den Fachbehörden am Landratsamt, bevor im kommenden Jahr die Genehmigung erteilt und ein Förderantrag gestellt werden kann.

Fragen

Die anwesenden Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich engagiert an der Informationsveranstaltung. Sie stellten viele Detailfragen und ergänzten die Ergebnisse der Untersuchungen mit eigenen Erfahrungen und Vorschlägen. Viele Fragen zielten auf den Inhalt und die zu erwartenden Ergebnisse der Flussgebietsuntersuchung sowie auf die Veröffentlichung der Starkregenrisikokarten ab. Insgesamt zeigten sich die Bürgerinnen und Bürger sehr zufrieden mit dem Maßnahmenplan und sehen die unbedingte Notwendigkeit, den Hochwasser- und Starkregenschutz zu forcieren. Text: WALD+CORBE / Redaktion Mitteilungsblatt

Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Infoveranstaltung in Mutschelbach. Foto: Gemeinde Karlsbad

Klären offener Fragen in lockerer Runde und an den Starkregenkarten. Foto: Gemeinde Karlsbad