Karlsbader Mitteilungsblatt

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„Fremd bin ich eingezogen…..“

07.02.2023 – 28.02.2023

Eine Reise in den Winter mit Norbert Frensch

In früheren Zeiten wurde eine Reise im Winter um jeden Preis vermieden, da sie oft fatal endete.

Wilhelm Müllers Gedichte-Zyklus „Die Winterreise“, die Franz Schubert zu seinem wohl berühmtesten Werk „Winterreise“ führte, behandelt dieses Thema.

Norbert Frensch verknüpfte Themen und Motive aus der „Winterreise“ mit zeitgenössischen Texten und Musikstücken. So zeigte er, wie aktuell Themen wie Verlassenwerden, Einsamkeit, fehlende Akzeptanz und Obdachlosigkeit auch heute noch oder gerade wieder sind.

Ganz deutlich wurde die Verzweiflung von betroffenen Menschen und deren Unfähigkeit, sich aus ihrer verfahrenen Situation zu befreien und mit der Welt zurecht zu kommen.

Im ersten Teil des Abends wurden auch Gedichte anderer Autoren, wie z.B. Hölderlins „Mitte des Lebens“ oder Nietzsches „Vereinsamt“ rezitiert, die sich ebenfalls mit den zuvor genannten Themen auseinandersetzen.

 „Bald wird es schnei’n, weh dem, der keine Heimat hat“, die letzte Zeile aus Nietzsches Gedicht, könnte man dabei als Leitmotiv des Abends bezeichnen.

Im zweiten Teil kamen Heimat- und Obdachlose zu Wort, die unsentimental und sachlich ihre Lage beschrieben. Gerade dadurch empfand man großes Mitgefühl mit diesen, oftmals unverschuldet in Not geratenen Menschen. Norbert Frensch zeigte geschickt die Prallelen in der „Winterreise“ auf, sowohl anhand der Gedichte, als auch der Vertonungen durch Schubert, der eine große Sensibilität bei der Darstellung menschlichen Leids besitzt. Auch andere Musikstücke wurden gekonnt in den Vortag eingewoben.

So entstand ein stimmungsvoller und gelungener Abend, der zum Nachdenken und Nachlesen anregte.

In der Gemeindebücherei sind die Gedichte von Wilhelm Müller, eine Schubert-Biografie und  der Schubert-Roman von Peter Härtling ausleihbar.