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Landkreisinformationen | 21.11.2025

Ausbleibende finanzielle Landesmittel gefährden die Zukunft des ÖPNV

Landrat fordert die Beseitigung der Nachteile des Landkreises Karlsruhe im Schienenpersonennahverkehr

Wichtige Entscheidungen zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hat der Kreistag in seiner Sitzung am Donnerstag, 20. November 2025, im Bürgerhaus Linkenheim-Hochstetten getroffen. Im Mittelpunkt standen die Zukunft des Deutschlandtickets, die Erweiterung des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV), Fragen der Zuständigkeit und Finanzierung im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) sowie die abschließende Regelung offener Infrastrukturprojekte der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG). „Wir würden gerne weiterhin einen leistungsfähigen, verlässlichen und bezahlbaren ÖPNV für alle Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Karlsruhe anbieten“, betonte Landrat Dr. Christoph Schnaudigel. „Aber die finanziellen Rahmenbedingungen werden immer schwieriger und die Unterstützung von Bund und Land für einen leistungsstarken ÖPNV immer weniger. Die Haushaltslage der Kommunen lässt keinen Spielraum einzuspringen, wenn SPNV-Leistungen bei Bus und Bahn bestellt, aber nicht bezahlt werden.“

Das Deutschlandticket und ungeklärte Finanzierungsfragen durch Bund und Land begleiten den Landkreis schon länger – ohne Erfolg. Der Kreistag fordert erneut eine gesicherte Finanzierung und Tarifstabilität. Deshalb hat sich das Gremium gezielt mit den Auswirkungen der bundesweit beschlossenen Preiserhöhungen des Deutschlandtickets ab 2025 befasst und wiederholt bekräftigt, dass entstehende Mindereinnahmen nicht zu Lasten des Landkreises oder seiner Kommunen gehen dürfen. Ab Januar 2026 steigt der Preis für das Deutschlandticket weiter auf 63 Euro, das Deutschlandticket JugendBW wird auf 45 Euro angehoben. Trotz der bis 2030 zugesagten hälftigen Finanzierung durch Bund und Länder mit jeweils 1,5 Milliarden Euro jährlich bleibt für 2026 ein deutschlandweites Finanzierungsdefizit von rund 800 Millionen Euro, das nur teilweise durch Mehreinnahmen gedeckt werden kann.

Der Kreistag unterstützt daher die Forderung des Landkreistags Baden-Württemberg nach einem Tarifanwendungsbefehl, der das Land verpflichten soll, alle finanziellen Nachteile aus dem Deutschlandticket vollständig auszugleichen. Für 2025 hat das Verkehrsministerium bereits zugesichert, eventuelle Mindereinnahmen der Aufgabenträger auszugleichen. Ab 2026 herrscht aber weiterhin Unklarheit.

Darüber hinaus sprach sich der Kreistag für eine Tarifanpassung im KVV-Gebiet aus, um Preisverschiebungen durch das Deutschlandticket aufzufangen. Entsprechende Vorschläge sollen im KVV-Aufsichtsrat beraten werden. Große Veränderungen wird es zudem bei den Verkehrsverbünden geben. Der Kreistag hat Landrat Dr. Christoph Schnaudigel ermächtigt, sämtliche Vereinbarungen für einen neuen Verkehrsverbund zwischen dem KVV, dem Enzkreis und der Stadt Pforzheim zu unterzeichnen. Durch die Erweiterung wird der KVV-Tarif künftig auch dort gelten. Für Fahrgäste bedeutet der Schritt ein einheitliches System in einer Region, die bereits heute eng miteinander verflochten ist. Gleichzeitig können innerhalb der Verbünde Kosten gespart und Synergien gestärkt werden.

Weniger positiv sind die Änderungen am Verkehrsvertrag für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Der Kreistag hat beschlossen, diese künftig nur dann zu akzeptieren, wenn eine vollständige Kostenübernahme durch das Land erfolgt. Gleichzeitig soll eine Feststellungsklage gegen das Land geprüft werden, um seine Zuständigkeit für bestimmte SPNV-Leistungen rechtlich klären zu lassen. Hintergrund sind die vom Landkreis finanzierten SPNV-Leistungen auf den Linien S1/S11/S12 und S31/S32, die nach Auffassung der Landkreisverwaltung eindeutig in die Aufgabenträgerschaft des Landes fallen.

Bei einer Übernahme durch das Land ergäbe sich für den Landkreis eine jährliche Entlastung von rund 13,4 Millionen Euro. Dass Land hat zuletzt zugesagte Finanzierungsanteile für den Landesstandard ab 2025 deutlich reduziert zum Nachteil des Landkreises Karlsruhe. Der Kreistag bekräftigte, dass keine Belastungen des Kreishaushalts durch SPNV-Verkehre entstehen dürfen. Landrat Dr. Schnaudigel forderte dazu auf, die Benachteiligung des Landkreises Karlsruhe bei SPNV-Leistungen zu beenden, und mahnte das Verkehrsministerium zur Gleichbehandlung an, wie es auch im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.

Abschließend hat der Kreistag beschlossen, offene Forderungen der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) aus älteren Infrastrukturprojekten in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro grundsätzlich anzuerkennen – allerdings mit einem Abschlag von 15 Prozent und unter der Bedingung, dass die Zahlungen innerhalb der nächsten fünf Jahre erfolgen. Die Altprojekte betreffen Investitionen aus den 1990er Jahren, etwa auf den Strecken Karlsruhe–Bretten–Eppingen, Karlsruhe–Pforzheim oder Bruchsal–Menzingen/Odenheim. Nach eingehender Prüfung durch das Land Baden-Württemberg und externe Gutachter gilt die Forderung als berechtigt. Mit der Einigung können langjährige Abrechnungsverfahren endgültig abgeschlossen werden.

In der Kreistagssitzung standen gleich mehrere Entscheidungen zum ÖPNV auf der Tagesordnung. Ausbleibende finanzielle Landesmittel gefährden die Zukunft vieler Angebote
In der Kreistagssitzung standen gleich mehrere Entscheidungen zum ÖPNV auf der Tagesordnung. Ausbleibende finanzielle Landesmittel gefährden die Zukunft vieler Angebote