Karlsbader Mitteilungsblatt

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Überlebenskunst

05.08.2019 – 19.08.2019

Überlebenskunst

Es ist Sommer.  Ein Waldspaziergang tut jetzt gut, die Luft ist kühl und frisch, das Grün ist eine Wohltat für die Augen:

Geh aus, mein Herz, und suche Freud

in dieser schönen Sommerzeit

an deines Gottes Gaben.

Schau an der schönen Gärten Zier

und siehe wie sie dir und mir

sich ausgeschmücket haben. 

Was wir im Moment über die Natur und die Schöpfung hören und sehen, macht uns eher Sorge als Freude.  Es ist zu heiß,  Bäume vertrocknen,  die Bienen sind bedroht. Kann man da die Schönheit der Natur besingen?  Gerade deshalb, meine ich. Als Paul Gerhard dieses Lied dichtete, war weder die Natur noch sein Leben so idyllisch, wie er es beschrieben hatte. Der dreißigjährige Krieg hatte ganze Landstriche verwüstet. Städte, Wälder und Felder waren zerstört. Das Ehepaar Gerhard hatte 4 von 5 Kindern im ersten Lebensjahr verloren,  Anna Gerhard   litt an Tuberkulose. Eine Krankheit, die damals nicht heilbar war. Darüber wurde sie depressiv.

 „Geh aus mein Herz“, ist eine Anleitung in Überlebenskunst:  Geh aus dir heraus, aus deinen dunklen Gedanken. Suche das, was dich freut. Du musst es schon suchen und auch finden wollen.

Ein Versuch ist es wert: Nehmen Sie ihr Herz und führen es spazieren.  Zeigen Sie ihm alles, was Sie freut und das Allerschönste nehmen sie mit. Als Erinnerung.  

Oder sie nehmen sich das Gesangbuch vor und singen laut  alle 15 Strophen von „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“. Ich bin sicher, ihr Herz ist danach  weiter und froher.

 Und wer weiß: Vielleicht fällt es uns leichter,  unsere Natur zu bewahren, wenn wir merken, wie gut sie uns tut. Auch das ist Überlebenskunst.

Stefanie Fischer-Steinbach, Pfarrerin im SRH-Klinikum, Langensteinbach