Karlsbader Mitteilungsblatt

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Autobahn-Lärmmessungen bringen Karlsbad nicht voran

01.09.2020 – 30.09.2020

Gemeinderat beschäftigte sich in seiner Julisitzung mit dem Verfahren zum nachträglichen Lärmschutz an der BAB A8 in Karlsbad-Mutschelbach

In der Sitzung vor der Sommerpause wurde der Gemeinderat über das ernüchternde Ergebnis der von Karlsbad beauftragten Lärmmessungen an der Autobahn A 8 informiert. Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder antwortete der Gemeinde auf die schriftlich übermittelten Ergebnisse der Lärmpegelmessung. Auf deren Grundlage könne, so Felder,  die Forderung nach einer Lärmschutzwand auf der rund 180 Meter langen Bockstalbrücke nicht nachgewiesen werden. Insbesondere die fehlende Möglichkeit, auf das frühere Berechnungsmodell des Planfeststellungsverfahrens für die Lärmberechnung zurückgreifen zu können, verschlechtert die Position der Gemeinde Karlsbad wesentlich. Letztlich seien Berechnungsverfahren ausschlaggebend, um Lärmsituationen beurteilen zu können. Andere Faktoren wie Messverfahren spielten nur eine untergeordnete Rolle. Diese würden nicht anerkannt und daher nicht berücksichtigt. Die Kosten für aktive Lärmschutzmaßnahmen, wie beispielsweise eine Lärmschutzwand auf der nordöstlichen Seite der Bocksbachtalbrücke, müssten von der Gemeinde selbst getragen werden. Letztlich beschloss der Gemeinderat einstimmig, mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe über zusätzliche Lärmschutz-Maßnahmen wie Geschwindigkeitsreduzierung auf 80 km/h und vorgezogener Einbau von lärmminderndem Asphalt zu verhandeln und eventuell erforderliche Anträge zu stellen. Auf Anregung des Gemeinderates nahm Bürgermeister Jens Timm die Begrünung für die Antragsstellung an die Behörden mit auf. In hoffentlich ein bis eineinhalb Jahren sei – so Timm -  die Planfeststellung abgeschlossen und die Wildwechselbrücke könne gebaut werden. Es werde weiter beobachtet, wie sich künftig der Verkehr entwickelt und in 2 bis 3 Jahren sollen erneut Daten über den Pkw- und Lkw-Verkehr abgerufen werden um detaillierte Unterlagen zu haben.

Historie

Im Juni 2018 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Karlsbad, die Ausführung von Schallpegelmessungen durch das Ingenieurbüro ita, Wiesbaden, sowie deren rechtliche Bewertung durch Sparwasser & Heilshorn, Rechtsanwälte, Freiburg. Mit den Schallpegeldauerregistrierungen sollte ausgelotet werden, welche Möglichkeiten bestehen, einen verbesserten Lärmschutz für den Ortsteil Mutschelbach erreichen zu können. Man habe diese, so Bürgermeister Jens Timm, mit Beschluss des Gemeinderates durchgeführt. Dabei war allen Beteiligten bewusst, dass diese Messungen im weiteren Verfahren nicht anerkannt werden. Der beauftragte Gutachter Herr Professor Heilshorn stellte fest, dass ein aktiver Lärmschutz im Sinne einer Lärmschutzwand nach den vorliegenden Informationen nicht zu begründen sei. Eine Überschreitung der maßgeblichen Werte sei aufgrund des fehlenden Gelände- und Berechnungsmodells nur schwer nachzuweisen. Mögliche weitere lärmmindernde Maßnahmen, über die mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe noch weiter verhandelt werden sollte, seien eine Temporeduzierung der bis jetzt bestehenden Geschwindigkeit von 120 auf 80 km/h, zumindest bis der zugesagte lärmmindernde Asphalt eingebaut wird. Nach Aussage von Vertretern des Regierungspräsidiums werde dies in der nächsten turnusmäßigen Belagserneuerung nach ca. 10-15 Jahren sein (Inbetriebnahme der Autobahn 2015) vorgenommen. Bürgermeister Jens Timm erläuterte weiterhin, dass verschiedene Dinge versucht worden seien. Die Nachbesserungen hätten jedoch nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Obwohl eine Geschwindigkeitsreduzierung kaum noch möglich sei, sehe er es trotzdem als notwendig an, einen Antrag zu versuchen. Man müsse den politischen Weg suchen. Timm bedankte sich bei der BIAM, die bei allen Gesprächen dabei war, sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat und auch finanzielle Unterstützung für Gutachten gegeben habe.

Bewertung im Gemeinderat

Die Bevölkerung sei von Verbesserungen ausgegangen, so Ortsvorsteher und Gemeinderat Michael Wenz (Freie Wähler). Aufgrund der Trassenführung sei der Lärmschutz schwierig und die Lindenstraße sei im Zuge des Umbaus auch länger geworden (Omega). Die Lärmverhältnisse hätten sich geändert, einige Bewohnerinnen haben weniger Lärm und andere deutlich mehr. Der Verkehr nehme täglich zu. Überholverbot, Geschwindigkeitsreduzierung, Begrünung und Flüsterasphalt wären denkbare Maßnahmen. Die Wildtierbrücke sollte kommen und die Abwasserführung der Autobahn und insbesondere der Parkplätze sei noch nicht abgeschlossen. Die Möglichkeiten seien ausgereizt, alle hätten versucht, Änderungen zu erreichen, so GR Roland Rädle (CDU). Es sei zu befürchten, dass das Thema langfristig erhalten bleibt. GR Uwe Rohrer (Bündnis 90/Grüne) stellte fest, dass man mit der Forderung der Ergänzung des Lärmschutzes auf der Brücke nicht weiter komme. Entlang des Bereiches Obermutschelbach könnte die Kommune noch Flächen erwerben und bewalden. Eine Genehmigung der Reduzierung auf 80 km/h sieht Rohrer skeptisch. Er favorisiere passive Maßnahmen entlang der Autobahn (Baumpflanzungen/Begrünungen). Es sei enorm viel Zeit für dieses Thema investiert worden, so GR Reinhard Haas (SPD). Das Ziel sei aber nicht ganz erreicht. Man könne soweit möglich aufforsten und müsse politische Maßnahmen verfolgen. Wer nicht kämpfe, habe schon verloren. GR Björn Kornmüller (FDP) forderte jedmögliche Schutzmaßnahme, Dauerlärm mache krank. Es sei unabdinglich, alle Abgeordnete müssten in die Pflicht genommen werden. Wenn nur rechnerische Modelle zählen, fühle sich der Bürger  „veräppelt“. Man müsse von einer deutlichen Zunahme des Verkehrs ausgehen, jegliche Entlastungsmöglichkeit müsse verfolgt werden. Schon seit über drei Jahrzehnten verfolgt GR Jürgen Herrmann (Freie Wähler) den Ausbau und die Lärmproblematik der BAB 8. Es habe drei Planungen gegeben, wobei das aktuelle dritte Modell das Vielversprechendste war und umgesetzt worden sei. Bereits während der Planfeststellung wurde der Lärmschutz reklamiert. Nach der Fertigstellung war offensichtlich, dass dieser nicht zufriedenstellend ist. Eine jetzt durchgeführte Messung spiele leider nur eine untergeordnete Rolle und das Berechnungsmodell sei abhandengekommen. Jetzt seien die Werte höher als bei der Planfeststellung. Auftraggeber sei der Bund. Man müsse den politischen Weg einschlagen.

Blick auf den Autobahnbereich mit dem Bocksbachtal-Viadukt. Der Lärmschutz an der Nordseite (rechter Teil des Brückenbereichs) ist Karlsbad ein wichtiges Anliegen. Foto: Gemeinde Karlsbad